Die israelische Armee hat sich nach Angaben libanesischer Sicherheitskreise größtenteils aus den grenznahen Orten im Südlibanon zurückgezogen. Ausgenommen seien „fünf Punkte“, erfuhr die Nachrichtenagentur AFP am Dienstag aus den Sicherheitskreisen. Die libanesische Armee rücke aufgrund von Sprengstoff in manchen Gebieten und Straßenschäden schrittweise vor. Am Dienstag war eine Frist zum Truppenabzug im Rahmen des Waffenruhe-Abkommens zwischen Israel und der Hisbollah-Miliz im Libanon abgelaufen.
Israels Verteidigungsminister Israel Katz sagte am Dienstag, dass seine Armee an fünf Punkten im Südlibanon bleiben werde. Er bezeichnete sie als „Pufferzone“, die israelische Siedlungen vor Angriffen der Hisbollah schützen solle. Der libanesische Präsident Joseph Aoun forderte Israel am selben Tag zum vollständigen Rückzug aus dem Land auf.
Bereits zuvor hatte Israel mitgeteilt, es werde auch nach Verstreichen der Frist an fünf „strategischen Punkten“ im Libanon stationiert bleiben. Armeesprecher Nadav Shoshani bezeichnete dies als „vorübergehende Maßnahme“, bis die libanesische Armee ihrerseits in der Lage sei, „das Abkommen vollständig umzusetzen“.
Am 27. November war eine Waffenruhe zwischen der libanesischen Hisbollah und Israel in Kraft getreten. Die vereinbarte Feuerpause sah ursprünglich den Abzug der israelischen Truppen aus dem Südlibanon binnen 60 Tagen vor. Die Hisbollah soll sich hinter den Litani-Fluss, etwa 30 Kilometer nördlich der Landesgrenze, zurückziehen. Libanons Armee soll eine Rückkehr der Miliz verhindern. Da die Armee aber nicht schnell genug nachrücke, hatte Israel erklärt, vorerst weiter Truppen in Teilen Südlibanons zu belassen. Libanons Streitkräfte hingegen erklärten, erst müsse Israels Armee abrücken.
Trotz der Ende November vereinbarten Waffenruhe greift Israel weiterhin Orte im Libanon an. Nach libanesischen Angaben gab es seit Beginn der Waffenruhe 930 Verstöße Israels, bei denen 74 Menschen getötet und 265 weitere verletzt worden seien.
Mehr als 4.100 Menschen durch Israels Angriffe getötet
Seit Beginn des israelischen Vernichtungskrieges in Gaza im Oktober 2023 unterstützt die libanesische Hisbollah-Miliz den Widerstandskampf der Palästinenser. Ende August weitete Israel seine Luftangriffe auf den Libanon aus und startete Ende September eine Bodeninvasion im Süden des Landes.
Erklärtes Kriegsziel Israels ist die Vertreibung der Hisbollah aus dem Süden des Libanon. Zudem sollen Tunnel und Stellungen der Miliz zerstört werden. Doch Israels Luftangriffe treffen auch andere Landesteile. Örtliche Berichte deuten auf zahlreiche Tote unter der Zivilbevölkerung hin. Rund 1,4 Millionen Menschen befinden sich offiziellen Angaben zufolge auf der Flucht – etwa ein Viertel der Einwohner des Libanon.
Nach Angaben des libanesischen Gesundheitsministeriums wurden bei den Angriffen Israels seit Oktober 2023 mehr als 4.100 Menschen getötet und über 16.800 weitere verletzt.