Die Taliban haben eine zweite Provinzhauptstadt in Afghanistan erobert. Schiberghan in der Provinz Dschausdschan im Norden des Landes ist an die Gruppierung gefallen, bestätigten der Provinzrat Bismillah Sahil, der Vizegouverneur der Provinz Abdul Kadir und ein Polizeisprecher der Deutschen Presse-Agentur am Samstag. Weniger als 24 Stunden zuvor war am Freitag die kleine Provinzhauptstadt Sarandsch in Nimrus an der iranischen Grenze praktisch kampflos an die Taliban gefallen. Die Taliban belagern noch mehrere weitere der 34 Provinzhauptstädte.
Schiberghan liegt rund 130 Kilometer von Masar-i-Scharif entfernt an einer wichtigen Ost-West-Verbindung in Nordafghanistan. Die Stadt mit geschätzt 130.000 Einwohnern gilt als wichtiges Tor zu den nördlichen und nordöstlichen Regionen des Landes. Sie ist seit langem der Machtsitz des umstrittenen ehemaligen Kriegsfürsten und Ex-Vizepräsidenten Abdul Raschid Dostum. Als Teil der sogenannten Nordallianz bekämpften seine Milizen im Bürgerkrieg der 1990er Jahre die Taliban. Auch in den aktuellen Gefechten um die Stadt waren seine Milizen unter Führung seines Sohnes im Einsatz.
Den Behördenvertretern und einem Parlamentarier zufolge haben die Taliban die wichtigsten Regierungsgebäude unter ihrer Kontrolle - das Polizeihauptquartier, das Gefängnis und den Gouverneurssitz. Sicherheits- und Pro-Regierungskräfte haben demnach auch den Sitz des Geheimdienstes und das Haus des ehemaligen Kriegsfürsten Dostum verlassen und sind lediglich noch im Gebiet rund um den Flughafen und in einer Militärbasis.
Seit dem Beginn des Abzugs der US- und Nato-Truppen Anfang Mai haben die Taliban massive Gebietsgewinne im ländlichen Raum verzeichnet. Sie eroberten zudem mehrere Grenzübergänge. Die US-Militärmission in Afghanistan endet am 31. August. Der Abzug ist US-Angaben zufolge zu mehr als 95 Prozent abgeschlossen.
7 Aug. 2021
dpa
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