01.04.2022, Ukraine, Kiew: In diesem Bild aus einem Video, das vom Pressebüro des ukrainischen Präsidenten zur Verfügung gestellt wurde, geht Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, vor dem Treffen mit der EU-Parlamentspräsidentin, spazieren. (Ukrainian Presidential Press Office/dpa)
Folgen

Im Ukraine-Krieg hat Russland seine Angriffe am Samstag auf den Süden des Nachbarlands konzentriert. In der stark zerstörten Stadt Mariupol hofften viele der verbliebenen Einwohner auf einen neuen Versuch des Roten Kreuzes, mit Bussen evakuiert zu werden - zunächst vergeblich. Parallel dazu war nach Angaben von Vize-Ministerpräsidentin Irina Wereschtschuk geplant, Menschen in Privatautos aus Mariupol herauszubringen. Ähnliche Fluchtkorridore sollte es in weiteren umkämpften Städten geben, darunter im westlich von Mariupol gelegenen Berdjansk.
Weiter nördlich, aus der Umgebung von Dnipro, wurden in der Nacht zum Samstag schwere Explosionen gemeldet, wie das Online-Portal „Ukrajinska Prawda“ unter Berufung auf die Gebietsverwaltung berichtete. Auch die Umgebung der südukrainischen Stadt Krywyj Rih wurde demnach mit Mehrfachraketenwerfern vom Typ Grad (Hagel) beschossen. Wie alle Berichte aus den Kampfzonen waren die Angaben nicht unabhängig überprüfbar. Am Freitagabend wurde auch die Hafenstadt Odessa am Schwarzen Meer mit Raketen angegriffen.
In der Nähe von Dnipro wurde nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums ein Militärflugplatz zerstört, ebenso wie ein weiterer bei Poltawa. Insgesamt seien innerhalb eines Tages 67 militärische Objekte zerstört worden, darunter auch Munitionslager, sagte ein Sprecher des Ministeriums. Zudem seien zwei Kampfhubschrauber vom Typ Mi-24 sowie 24 Drohnen abgeschossen worden.
Trotz der Raketenangriffe - zum Teil von Flugzeugen aus - behauptet die ukrainische Luftwaffe nach eigenen Angaben die Kontrolle über den Luftraum des Landes. „Der Feind hat den ukrainischen Himmel nicht kontrolliert und kontrolliert ihn nicht“, sagte Generalleutnant Mykola Oleschtschuk. Russland habe seit Kriegsbeginn am 24. Februar versucht, die ukrainische Luftwaffe auszuschalten. Dies sei aber nicht gelungen. Mittlerweile greife die russische Luftwaffe weniger mit Flugzeugen an, sondern bombardiere aus der Distanz mit Raketen. Selenskyj warnt vor „Kollaboration“
Im Großraum der Hauptstadt Kiew rückt die ukrainische Armee nach britischen Geheimdienstinformationen weiter gegen russische Truppen vor, die dort auf dem Rückzug sind. Vom Frachtflughafen Hostomel, der seit Beginn des Krieges am 24. Februar umkämpft war, hätten sich die Russen demnach inzwischen zurückgezogen. Im Nordwesten der Hauptstadt versuchten ukrainische Truppen nach dieser Darstellung, von Irpin in Richtung Bucha und Hostomel vorzustoßen.
Der ukrainische Generalstab teilte mit, dass russische Truppen aus der Sperrzone um das ehemalige Atomkraftwerk Tschernobyl und aus den angrenzenden Gebieten in Belarus zurückgezogen würden. Sie sollten augenscheinlich in das russische Gebiet Belgorod verlegt werden, um von dort aus nach Charkiw vorzustoßen. Mit Blick auf solche russische Truppenbewegungen sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in einer neuen Videoansprache, er erwarte heftige Angriffe im Osten des Landes. „Russische Soldaten werden in den Donbass geholt. Genauso in Richtung Charkiw.“
Selenskyj rief die Bevölkerung im russisch besetzten Süden auf, keine Ämter für das Besatzungsregime anzunehmen. „Meine Botschaft an Sie ist einfach: Die Verantwortung für die Kollaboration ist unausweichlich“, sagte der Präsident. Nach ukrainischen Angaben versucht Russland, in den besetzten Gebieten moskautreue Verwaltungen aufzubauen.
Der Bürgermeister der ostukrainischen Stadt Rubischne ist nach Angaben prorussischer Separatisten übergelaufen. Bürgermeister Serhij Chortyw habe die ukrainischen Truppen aufgerufen, die Waffen niederzulegen, meldete die Nachrichtenagentur Lug-Info der Separatisten. USA mit weiterer Unterstützung für die Ukraine
Das US-Verteidigungsministerium will der Ukraine weitere Waffen im Wert von 300 Millionen Dollar (etwa 271 Millionen Euro) zukommen lassen. Unter anderem sollen Drohnen, Raketensysteme, gepanzerte Fahrzeuge, Munition, Nachtsichtgeräte, sichere Kommunikationssysteme, Maschinengewehre und medizinische Güter geliefert werden. Die USA haben der Ukraine seit Beginn des russischen Angriffskriegs Militärhilfen und Waffenlieferungen von 1,65 Milliarden Dollar zugesagt.
In Deutschland trafen nach Angaben der Bundespolizei innerhalb eines Tages rund 5300 weitere Flüchtlinge aus der Ukraine ein. Damit stieg die Zahl der aufgenommenen Kriegsflüchtlinge auf nahezu 300.000, wie das Bundesinnenministerium auf Twitter mitteilte. Die meisten Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine halten sich im Nachbarland Polen auf: mehr als 2,4 Millionen Menschen. Insgesamt sind schon mehr als vier Millionen Menschen aus der ehemaligen Sowjetrepublik geflohen - etwa ein Zehntel der bisherigen Bevölkerung.

dpa