Archiv - 06. September 2024, Tel Aviv, Israel: Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen, l) und Israel Katz (Likud-Partei), damals Außenminister von Israel, begrüßen sich vor ihrem Gespräch. Katz ist inzwischen Verteidigungsminister. / Photo: dpa. / Photo: DPA (dpa)
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Die Bundesregierung hat die Finanzierung der israelischen Menschenrechtsorganisationen Zochrot und New Profile gestoppt. Zochrot verliert einem Bericht der Deutschen Welle (DW) zufolge etwa 100.000 Euro durch den Zahlungsstopp, was rund ein Viertel des Budgets ausmache. New Profil fehle dadurch sogar die Hälfte des Gesamtbudgets.

Bei der Bundespressekonferenz am Montag bestätigte der Sprecher des Auswärtigen Amts, Christian Wagner, zwei Fälle – jedoch ohne auf Details einzugehen. Den betroffenen Organisationen sei nach einer Prüfung keine Unbedenklichkeit mehr ausgestellt worden. Von der Entscheidung betroffen sind auch bereits bewilligte und laufende Projekte. Wie es zu dieser Entscheidung kam, ist unklar.

Die deutsche Organisation Kurve Wustrow war beauftragt, die Gelder zu den zwei Partnerorganisationen in Israel weiterzuleiten. Sie hatte sich bis zuletzt gegen einen Zahlungsstopp gewährt. Mit einer Petition will die Organisation nun gegen die umstrittene Entscheidung ankämpfen. Es geht dabei um insgesamt 15 palästinensische und israelische Menschenrechtsorganisationen sowie NGOs, die vom Förderstopp betroffen sind.

„New Profile setzt sich kritisch mit der Militarisierung der Gesellschaft in Israel auseinander und berät unter anderem Kriegsdienstverweigerer*innen“, heißt es auf der Webseite der Petition. Das Recht zur Verweigerung des Kriegsdienstes garantiere „die Freiheit des Einzelnen, sich für eine gewaltfreie Gesellschaft zu engagieren und so zu einer friedlicheren Welt beizutragen“.

Zochrot setzt sich nach eigenen Angaben mit der zivilgesellschaftlichen Aufarbeitung der Verbrechen an den Palästinensern seit der Nakba 1948 auseinander. Es geht aber auch um die Frage nach der Rückkehr palästinensischer Flüchtlinge in ihre Heimat.

In der Petition wird argumentiert, Deutschland habe „in der Geschichte des Holocaust begründet eine besondere Verantwortung, Menschenrechte wie das Recht auf Kriegsdienstverweigerung und das Völkerrecht zu verteidigen.“ Mit der Einschränkung der Förderung der Zivilgesellschaft in Palästina und Israel untergrabe die Bundesregierung Bemühungen für „friedliche und gerechte Lösungen in Palästina und Israel“.

DW zufolge hat sich die Zochrot-Direktorin Rachel Beitarie mehrfach mit Ver­tre­te­rn der Bundesregierung getroffen, um die Bedeutung der Finanzierung zu erläutern. Die Mittel seien dennoch gestrichen worden.

Vertreter von New Profil und Zochrot sehen in der Haltung Deutschlands einen politisch motivierten Versuch, Israel-kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen. Vermutet wird, dass die Bundesregierung unter Druck der israelischen Regierung unter Ministerpräsident Benjamin Netanjahu gehandelt hat.

Der israelische Anwalt Michael Sfard merkte an, die Entscheidung der Bundesregierung falle in eine Zeit, in der der Raum für eine kritische Zivilgesellschaft und die Medien in Israel schrumpfe.

Sergeiy Sandler von New Profile sagte: „Der Zeitpunkt dieser Finanzierungskürzung war darauf ausgerichtet, unserer Arbeit maximalen Schaden zuzufügen.“ Die Organisation suche nun nach alternativen Finanzierungsquellen.

Im November 2024 hatte der Bundestag eine Antisemitismus-Resolution verabschiedet. Demnach sollen öffentliche Fördergelder in Kunst und Wissenschaft nur noch nach vorheriger Prüfung auf „antisemitische Narrative“ freigeben werden. Neu ist, dass auch Israel-Kritik als Anitsemitismus gewertet werden kann. Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) stimmte daher gegen die Resolution. Kritik kommt auch aus der Zivilgesellschaft.

TRT Deutsch