Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) lehnt den Vorstoß von EU-Chefdiplomat Josep Borrell ab, als Reaktion auf die israelischen Kriegsverbrechen im Gazastreifen und im Libanon den regelmäßigen politischen Dialog mit Israel auszusetzen. „Wir setzen uns immer dafür ein, Gesprächskanäle offen zu halten. Dies gilt selbstverständlich auch für Israel“, hieß es dagegen im Auswärtigen Amt in Berlin als Reaktion auf die Borrell-Pläne.
In der Erklärung des deutschen Außenministeriums hieß es weiter, der Assoziierungsrat mit dem regelmäßigen politischen Dialog bilde einen geeigneten Rahmen, um mit der israelischen Regierung auch über die Einhaltung der Vorgaben des humanitären Völkerrechts sowie die Versorgung der Menschen im Gazastreifen mit humanitärer Hilfe zu sprechen. „Ein Abbruch des Dialogs hilft hingegen niemandem, weder den notleidenden Menschen in Gaza, noch den Geiseln, die weiter von der Hamas festgehalten werden, noch all jenen in Israel, die auf Gesprächsbereitschaft setzen.“
Baerbock bringt Sanktionen ins Spiel
Im ZDF-„Morgenmagazin“ brachte Baerbock Sanktionen ins Spiel, wenn einzelne israelische Minister das Völkerrecht brechen würden, „indem sie mit Blick auf Gaza oder auch das Westjordanland die Frage der Existenz der Palästinenser infrage stellen“. Sie ergänzte: „Dann muss das auch von europäischer Ebene sanktioniert werden.“ Die europäische Ebene müsse dann den Druck erhöhen. Sie habe schon in der Vergangenheit gesagt: „Das Völkerrecht, das ist das, was uns leitet, das muss die israelische Regierung leiten.“ An welche Art von Sanktionen zu denken sei, sagte Baerbock nicht.
Borrell werde seinen Vorschlag, den regelmäßigen politischen Dialog mit Israel auszusetzen, beim EU-Außenministertreffen am Montag unterbreiten, hatte die Deutsche Presse-Agentur in Brüssel von EU-Beamten erfahren. Dass der Vorschlag die notwendige einstimmige Zustimmung findet, gilt als unwahrscheinlich. Der politische Dialog der EU mit Israel wird über ein sogenanntes Assoziationsabkommen aus dem Jahr 2000 geregelt. Er sieht unter anderem einen regelmäßigen Austausch zur Stärkung der Beziehungen und zur Weiterentwicklung der Partnerschaft vor.
Israelischer Vernichtungskrieg in Gaza
Israel hatte nach dem Vergeltungsschlag der palästinensischen Organisation Hamas am 7. Oktober 2023 einen Vernichtungskrieg in Gaza gestartet. Erklärtes Ziel ist die Zerschlagung der Hamas, doch es wurden bislang Zehntausende Zivilisten getötet.
Humanitäre Hilfslieferungen werden von Israel behindert. Fast zwei Millionen Menschen wurden gezwungen, in den Süden zu flüchten. Doch auch dort sind sie israelischen Angriffen ausgesetzt. Zudem herrscht eine akute Hungerkrise, die Hungertote fordert.
Nach palästinensischen Angaben wurden in Gaza seit dem 7. Oktober 2023 mehr als 43.400 Menschen getötet und mehr als 102.200 verletzt. Die Zahl könnte weit höher sein, da noch viele Tote unter den Trümmern liegen und nicht geborgen werden können. Beim Großteil der Todesopfer handelt es sich laut örtlichen Berichten um Frauen und Kinder.