Nach Antisemitismusvorwürfen gegen die Journalistin Nemi El-Hassan hat der WDR sich endgültig gegen die Zusammenarbeit mit der 28-Jährigen entschieden. „Das Vertrauen für eine künftige Zusammenarbeit ist nicht mehr vorhanden“, erklärte der
WDR am Dienstagabend in Köln, nachdem El-Hassan zuvor einen kritischen Gastbeitrag in der „Berliner Zeitung“ veröffentlicht hatte. „Der Vorwurf, dass der WDR die Moderatorinnen-Auswahl von einer ‚Bild‘-Kampagne abhängig mache, ist unsinnig.“ El-Hassan hatte der „Bild“-Zeitung in dem Gastbeitrag eine Kampagne gegen ihre Person vorgeworfen und den Umgang des WDR mit ihrem Fall kritisiert.
Wegen der Antisemitismusvorwürfe gegen El-Hassan, über die das Boulevardblatt berichtet hatte, gibt es seit Wochen Diskussionen um die Journalistin. Sie wurde deshalb zunächst vorläufig nicht als Moderatorin der WDR-Wissenschaftssendung „Quarks“ eingesetzt. Ihr Start war ursprünglich für November vorgesehen. Der WDR hatte erklärt, man werde „in Ruhe beraten, wie eine zukünftige Zusammenarbeit aussehen könnte“.
Zentralrat der Juden begrüßt Beschluss
Der Zentralrat der Juden in Deutschland begrüßte die Entscheidung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt, von einer Zusammenarbeit mit El-Hassan nun vollständig abzusehen. „Wir begrüßen es, dass der WDR den Fall Nemi El-Hassan sorgfältig geprüft und jetzt klar entschieden hat“, sagte Zentralratspräsident Josef Schuster der „Jüdischen Allgemeinen“ (Mittwoch, Online-Ausgabe). „Die Zweifel an den grundsätzlichen Positionen von Frau El-Hassan waren offenbar berechtigt.“ Allerdings seien jegliche Pauschalverdächtigungen von Muslimen völlig inakzeptabel.
Der WDR wies die von El-Hassan in ihrem Gastbeitrag vorgebrachte Kritik zurück. „Unabhängig von der medialen Berichterstattung und dem öffentlichen Druck im Fall Nemi El-Hassan hat der WDR sorgfältig und umfangreich beraten, weil die Verantwortlichen den beruflichen Weg der jungen Journalistin nicht leichtfertig behindern, sondern ihr eine Chance geben wollten“, teilte die Rundfunkanstalt mit.
El-Hassan: „Bild“ verfolgte rechtsextremes Narrativ
Ausschlaggebend für den WDR sei El-Hassans Verhalten in den sozialen Netzwerken und der Umgang damit gegenüber der Rundfunkanstalt. „Relevante Informationen - wie zum Beispiel das Löschen von Likes - erfuhr der WDR erst aus den Medien, obwohl er mit Nemi El-Hassan im intensiven Austausch war. Dies hatte von Beginn an das Vertrauensverhältnis belastet“, erklärte der WDR.
El-Hassan hatte in ihrem Gastbeitrag geschrieben, die „Bild“-Zeitung habe ein von rechtsextremen Internet-Aktivisten initiiertes Narrativ in weite Teile der Öffentlichkeit getragen. Sie verwies darauf, dass sie sich nach der ersten Berichterstattung der „Bild“ öffentlich für die Teilnahme an einer Al-Kuds-Demonstration im Jahr 2014 entschuldigt hatte. Zudem hätten Recherchen von „Zeit Online“ gezeigt, wie die Kampagne gegen sie in rechtsextremen Foren „von langer Hand vorbereitet“ worden sei.
„Der WDR hat sich - in der Hoffnung, sich selbst aus der Schusslinie zu ziehen - allen Argumenten der ‚Bild‘-Zeitung angeschlossen und somit auch zukünftigen Kampagnen Tür und Tor geöffnet“, schrieb El-Hassan.
3 Nov. 2021
WDR entscheidet sich gegen Zusammenarbeit mit Nemi El-Hassan
Die Journalistin Nemi El-Hassan hat sich gegen Antisemitismusvorwürfe gewehrt und der „Bild“-Zeitung eine Kampagne vorgeworfen. Nun verzichtet WDR endgültig auf eine Zusammenarbeit mit der Moderatorin. Der Zentralrat der Juden begrüßt dies.
epd
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