Vor 21 Jahren haben Rechtsterroristen Abdurrahim Özüdoğru in dessen Änderungsschneiderei in Nürnberg getötet. Kaltblütig schossen Mitglieder des rechtsextremen Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) dem 49-jährigen Özüdoğru zweimal in den Kopf.
Im Bayerischen Landtag beschäftigt sich nun ein zweiter Untersuchungsausschuss mit der rassistischen Mordserie und deren Hintergründen. Ziel sei es unter anderem, mögliche Verbindungen des NSU zur lokalen Neonazi-Szene aufzuklären.
Özüdoğru hatte am 13. Juni 2001 gegen 16 Uhr die Änderungsschneiderei betreten und wurde vermutlich eine halbe Stunde später ermordet. Passanten entdeckten erst fünf Stunden später den 49-Jährigen. Der Familienvater hinterließ damals eine 19-jährige Tochter und seine Ex-Frau.
Das NSU-Trio um Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe fotografierte die Leiche Özüdoğrus nach der Tat. In dem später veröffentlichten Bekennervideo der Rechtsterroristen wurde das Bild von Özüdoğru eingeblendet. Ein Sprecher sagte im Video dazu: „Özüdoğru ist nun klar, wie ernst uns der Erhalt der deutschen Nation ist“.
Tipps aus der lokalen Nazi-Szene?
Özüdoğru wurde nur 49 Jahre alt und war das zweite Opfer der rechtsextremen Mordserie, die zwischen 2000 und 2007 stattfand. Der NSU ermordete bundesweit wahllos neun Kleinunternehmer mit Migrationsgeschichte. Das zehnte Todesopfer der Neonazis war die junge Polizistin Michèle Kiesewetter. Allein in Nürnberg töteten die Neonazis drei Menschen mit Migrationsgeschichte und verübten einen Bombenanschlag. Der NSU-Komplex flog erst nach einem missglückten Banküberfall und Bekennervideo 2011 auf.
Auch 21 Jahre nach dem Mord an Özüdoğru bleiben einige Hintergründe im gesamten NSU-Komplex ungeklärt. Hatte das NSU-Trio sein Opfer ohne Hinweise aus der lokalen Szene ausgewählt? Schließlich war die Änderungsschneiderei von Özüdoğru von außen kaum wahrnehmbar.
Laut einem Rechercheteam der „Nürnberger Nachrichten“ und des Bayerischen Rundfunks bestand eine Verbindung des NSU in die fränkische Neonazi-Szene. Ein ehemaliger Führungskader berichtete demnach, das spätere NSU-Kerntrio habe Ende der 1990er Jahre oft in Nürnberg verkehrt und beste Kontakte zur dortigen Szene gepflegt. Die diesbezüglichen Ermittlungen stecken jedoch fest.
NSU-Prozess lässt viele Fragen unbeantwortet
Nach einem Banküberfall begingen Böhnhardt und Mundlos am 4. November 2011 in Eisenach Selbstmord. Sie waren aufgeflogen, nachdem Augenzeugen sie bei der kriminellen Tat beobachtet hatten.
Die Polizei fand ihre Leichen in einem ausgebrannten Wohnmobil. Beate Zschäpe sprengte anschließend die ehemalige gemeinsame Wohnung in Zwickau in die Luft und meldete sich in weiterer Folge mit ihrem Anwalt bei der Polizei. In den darauffolgenden Tagen gingen mehrere Bekennervideos bei Medien, öffentlichen Institutionen und Moscheegemeinden ein. Das Oberlandesgericht München verurteilte Zschäpe im Juli 2018 wegen zehnfachen Mordes zu lebenslanger Haft. Der NSU-Prozess war eines der größten, längsten und teuersten Verfahren im Zusammenhang mit Rechtsextremismus in Deutschland. Ein Prozess, bei dem viele Fragen unbeantwortet blieben. In dem Verfahren ging es um zehn Morde, drei Sprengstoffanschläge und 15 Raubüberfälle. Eine der größten Ungereimtheiten im Falle des NSU-Komplexes ist die Sperrfrist der Akten des hessischen Verfassungsschutzes von inzwischen 30 Jahren.