Symbolbild. Opferanwälte und Kritiker sehen zehn Jahre nach Bekanntwerden des NSU noch viele Fragen offen. (dpa)
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Auch zehn Jahre nach dem Auffliegen der rechtsextremen Terrorzelle NSU sehen Kritiker der Aufarbeitung noch Verbesserungspotenzial bei den Behörden. Eine veränderte Einstellung der Polizei gegenüber rechtsmotivierten Straftaten vermag etwa die Nebenklage-Vertreterin aus dem NSU-Prozess, Seda Başay-Yıldız, nicht zu erkennen. „Damit sich etwas ändert, muss man erstmal einsehen, dass man Fehler gemacht hat“, sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Donnerstag). Diese Aufarbeitung habe bei der Polizei aber nie stattgefunden. „Die vielen rassistischen Chatgruppen in der Polizei haben gezeigt, dass Rassismus anscheinend als normal aufgefasst wird.“ Başay-Yıldız sieht bei der Aufarbeitung noch viele Fragen offen. Über das Unterstützernetzwerk der Rechtsterroristen etwa sei gar nichts bewusst. „Das wurde einfach nicht ermittelt.“ Kanzlerin Merkel habe „ihr Versprechen gebrochen“ und dabei sei viel Vertrauen bei den Opfern und auch bei allen Deutschen mit Migrationsgeschichte verloren gegangen. Im Radiosender Bayern 2 forderte sie zudem mehr Druck auf politischer Ebene, es müssten alle vorhandenen Akten freigegeben werden. Die Anwältin sprach von einem „großen Staatsversagen, einem Versagen der Behörden und das muss aufgeklärt werden“. Deshalb sei der Politik ein konsequenteres Durchgreifen nötig, was Extremismus in der Polizei anbelangt: „Wir müssen uns auf unsere Ermittlungsbehörden verlassen können, wir müssen uns darauf verlassen können, dass wir in diesem Land alle gleich geschützt werden von der Polizei und von den Sicherheitsbehörden.“ Verwicklung staatlicher Organe wichtiges Thema Der aus dem NSU-Prozess als Nebenklagevertreter bekannte Rechtsanwalt Mehmet Daimagüler tätigte am Donnerstag im ZDF-„Morgenmagazin“ vergleichbare Aussagen. Es gebe „heute mehr offene Fragen als vor zehn Jahren“. Es handle sich um „Augenwischerei“ zu sagen, dass alle Fragen beantwortet seien. Der Staat werde „sehr schmallippig, wenn es um die Verwicklung staatlicher Organe geht“. Zudem passiere unterhalb der öffentlichen Wahrnehmungsschwelle noch immer viel an rechtsextremer Gewalt. „Blinde Flecken bei der Polizei, auch struktureller Rassismus“ Ähnlich sieht es der Rechtsextremismusforscher Gideon Botsch vom Moses-Mendelsohn-Zentrum der Universität Potsdam. „Es gibt nach wie vor blinde Flecken bei der Polizei, auch einen strukturellen Rassismus“, sagte er der „Passauer Neuen Presse“ (Donnerstag). Die Anerkennung bei den Ermittlungsbehörden, dass es Rechtsterrorismus gibt, sei zwar gestiegen. „Aber wir sind erst auf halbem Wege.“ Dagegen hatte der geschäftsführende Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) festgestellt, dass die notwendigen Konsequenzen aus dem damaligen Versagen der Behörden gezogen seien. Zwar sei es nicht möglich gewesen, alle Fragen restlos zu beantworten, hatte er der dpa gesagt. „Aber die Handlungsempfehlungen für die Bereiche Polizei, Justiz, Nachrichtendienste und Demokratieförderung sind weitestgehend umgesetzt.“ Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) war am 4. November 2011 aufgeflogen, mit dem Tod von Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos. Erst dann stellte die Polizei fest, dass es Neonazis waren, die zwischen 2000 und 2007 neun Gewerbetreibende mit ausländischen Wurzeln und eine Polizistin getötet hatten. Nach den Attentaten war jahrelang in die falsche Richtung ermittelt worden.

TRT Deutsch und Agenturen