Nach dem Karlsruher Urteil zum Ausschluss der rechtsextremen NPD-Nachfolgepartei Die Heimat von der staatlichen Parteienfinanzierung hält Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) auch eine Prüfung der AfD-Finanzierung für denkbar. „Man darf diese Instrumente, um eine Demokratie auch wehrhaft zu machen, nie ausschließen“, sagte Faeser am Donnerstag. Derweil berichteten „Stern“ und RTL, drei AfD-Bundestagsabgeordnete hielten Kontakt zu der im Zuge der Reichsbürger-Razzia Ende 2022 inhaftierten Terrorverdächtigen Birgit Malsack-Winkemann.
Faeser betonte mit Blick auf einen Entzug der staatlichen Parteienfinanzierung die hohen rechtlichen Hürden dafür. Die Sicherheitsbehörden müssten entsprechende Vorlagen liefern, um dies begründen zu können. Die Ministerin verwies auf das am Oberverwaltungsgericht Münster laufende Verfahren, in dem sich die AfD gegen die Einstufung als Verdachtsfall durch das Bundesamt für Verfassungsschutz wehrt. Hier wird Mitte März eine Entscheidung erwartet.
Staatliche Finanzierungssperre für „Die Heimat“
Das Bundesverfassungsgericht hatte die rechtsextreme Partei Die Heimat für sechs Jahre von der staatlichen Finanzierung ausgeschlossen. Dadurch entfällt auch die steuerliche Begünstigung der Partei und von Spenden an sie. Nach der Entscheidung entbrannte eine Diskussion darüber, ob das Urteil eine Blaupause für den Umgang mit der AfD sein kann.
Grünen-Chefin Ricarda Lang sagte den Funke-Zeitungen vom Donnerstag, das Karlsruher Urteil zeige die Möglichkeit auf, Parteien die staatlichen Mittel zu verwehren. „Das gilt natürlich auch in anderen Fällen“, betonte sie. Auch sie warnte zugleich vor „Schnellschüssen, es braucht Sorgfalt und Vorbereitung“.
Lang betonte: „Unsere Demokratie ist wehrhaft, unser Rechtsstaat ist handlungsfähig gegen Verfassungsfeinde.“ Es gelte, die unterschiedlichen Möglichkeiten „abzuwägen und gegebenenfalls auch zu nutzen“. So könnten die „Vorfeldorganisationen in den Blick“ genommen werden, beispielsweise die AfD-Jugendorganisation Junge Alternative oder die rechtsextreme sogenannte Identitäre Bewegung.
Drei AfD-Mitglieder dürfen Parteikollegin im Gefängnis besuchen
Das Magazin „Stern“ und der Sender RTL berichteten derweil am Donnerstag, dass „mindestens drei Mitglieder“ der AfD-Bundestagsfraktion eine dauerhafte Besuchserlaubnis für ihre inhaftierte Parteikollegin Malsack-Winkemann erhalten hätten. Es handele sich um die Abgeordneten Gereon Bollmann, Jürgen Pohl und Steffen Kotré.
Die Juristin Malsack-Winkemann war von 2017 bis 2021 für die AfD im Bundestag. Im Dezember 2022 wurde sie im Zuge einer großen Reichsbürgerrazzia festgenommen und sitzt seither in Untersuchungshaft. Im Dezember 2023 wurde sie wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung angeklagt. Als Teil der Reichsbürgergruppe um den Frankfurter Geschäftsmann Heinrich XIII. Prinz Reuß soll sie einen Sturz der Bundesregierung mitgeplant haben.
Wie „Stern“ und RTL weiter unter Berufung auf vertrauliche Dokumente berichteten, bekam Bollmann zum 2. Februar 2023 eine Dauerbesuchserlaubnis. Der Bundestagsabgeordnete, der auch Präsident des Bundesschiedsgerichts der AfD ist, teilte demnach in einem Schreiben an den Generalbundesanwalt mit, er wolle Malsack-Winkemann etwa einmal im Monat besuchen. Auf Nachfrage sagte Bollmann zu „Stern“ und RTL, die Parteispitze der AfD sei nicht über Kontakte mit der Inhaftierten unterrichtet.
Der energiepolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, Kotré, verfügt den Recherchen zufolge seit Juni 2023 über eine Dauererlaubnis für Haftbesuche bei Malsack-Winkemann, sein Parteifreund Pohl seit Ende August. Kotré ließ eine Anfrage von „Stern“ und RTL unbeantwortet. Pohl teilte schriftlich mit: „Würden Sie sich nach einem Jahr Untersuchungshaft nicht auch freuen, wenn Sie von Dritten Besuch bekommen würden?“
Ein Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion teilte auf AFP-Anfrage mit: „Die Fraktionsspitze hat Kenntnis von Kontakten, die persönlicher Natur waren und in keinem Zusammenhang mit der Arbeit der Fraktion stehen.“
Die rechtspopulistische AfD wurde am 6. Februar 2013 gegründet. Nach eigenen Angaben hat die Partei derzeit 40.131 Mitglieder. Das sind rund 37 Prozent mehr als Ende 2022.