Die Generalstaatsanwaltschaft im niedersächsischen Celle ermittelt gegen einen heute 95-jährigen ehemaligen Wachmann eines Kriegsgefangenenlagers. Der Mann habe seinen Wohnsitz in Bayern, die Ermittler werfen ihm „Beihilfe zum Mord“ vor, berichtete die „tageszeitung“ am Montag. Dem Mann wird zur Last gelegt, zwischen Oktober 1943 und April 1945 Dienst im Kriegsgefangenen-Mannschaftslager (Stalag) VI C Bathorn geleistet zu haben. In dem Lager auf dem Gebiet der Gemeinde Hoogstede (Kreis Grafschaft Bentheim) kamen viele sowjetische Kriegsgefangene zu Tode, hieß es.
Die „taz“ berichtet, die Generalstaatsanwaltschaft in Celle habe die Ermittlungen bestätigt. Am Montag waren die Sprecher der Behörde bislang nicht erreichbar. Dem Zeitungsbericht zufolge gingen den Ermittlungen der Celler Generalstaatsanwaltschaft mehr als zwei Jahre Vorermittlungen der Zentralen Stelle zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen im baden-württembergischen Ludwigsburg voraus, sagte deren Leiter Thomas Will der Zeitung. Die Ermittlungen seien das Ergebnis einer veränderten Rechtsprechung, wonach die verheerenden Bedingungen in Konzentrations- und manchen Gefangenenlagern vergleichbar seien.
Dem Bericht zufolge schätzen Historiker, dass zwischen 5,3 Millionen und 5,7 Millionen sowjetischer Soldaten während des Zweiten Weltkrieges in Gefangenschaft geraten waren. Mindestens 2,6 Millionen kamen dabei in deutscher Gefangenschaft ums Leben - möglicherweise waren es auch bis zu 3,3 Millionen. Nach Angaben der Zentralen Stelle finden derzeit weitere Vorermittlungen in diesem Bereich gegen insgesamt sechs Personen statt.
Artikelquelle: epd