Die Amtsärzte in Deutschland sehen nur einen sehr geringen Nutzen der Corona-App. Da die Daten der App nicht automatisch an die Gesundheitsämter weitergeleitet werden, sei dieses Instrument in seiner derzeitigen Form „für uns keine große Unterstützung bei der schnellen Bekämpfung und Eindämmung von Corona-Ausbrüchen“, sagte die Verbandsvorsitzende der Amtsärzte, Ute Teichert, den Zeitungen der Funke Mediengruppe am Donnerstag.
Sie betonte, die App spiele „in der alltäglichen Arbeit der deutschen Gesundheitsämter so gut wie keine Rolle“. Es komme „äußerst selten“ vor, dass sich ein App-Nutzer wegen eines entsprechenden Warnhinweises bei den Ämtern melde. Die Politik habe entschieden, den Datenschutz über den Pandemieschutz zu stellen. „Das haben wir so zu akzeptieren“, sagte die Vorsitzende des Bundesverbandes der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (BVÖGD).
Freiwillige Datenübermittlung an Behörden
Hilfreich wäre es aus Teicherts Sicht, wenn die App eine Funktion hätte, mit der die Nutzer eine direkte Weitergabe von Warnhinweisen an das Gesundheitsamt zumindest freiwillig zulassen könnten. Damit würden die zuständigen Behörden wesentlich schneller über Infektionsfälle informiert und könnten zügig Maßnahmen ergreifen, um einen Corona-Ausbruch einzudämmen, erläuterte Teichert. „Dies ist ein entscheidender Punkt.“
Derzeit bleibe es dagegen den App-Nutzern überlassen, ob sie sich nach einem registrierten Kontakt mit einem Infizierten bei den Gesundheitsämtern meldeten. „Ob sie es tatsächlich tun, lässt sich nicht überprüfen“, sagte Teichert.
5000 Corona-Infizierte warnten Kontaktpersonen
Die Bundesregierung betrachtet die App hingegen als Erfolg. Sie sei in den ersten 100 Tagen seit ihrem Start in Deutschland mehr als 18 Millionen Mal heruntergeladen worden, sagte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Mittwoch. Dies entspreche in etwa der Zahl der Downloads aller anderen europäischen Warn-Apps zusammengerechnet.
Auch hätten knapp 5000 Infizierte ihre Kontaktpersonen über die Handy-Anwendung gewarnt, teilte Spahn mit. Es sei davon auszugehen, dass auf diesem Wege insgesamt „schon einige zigtausend Menschen“ wegen Risikokontakten zu Infizierten alarmiert wurden. „Das ist viel, aber es reicht uns nicht“, betonte der Minister.