17.02.2024, Hanau. / Photo: DPA (dpa)
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Vier Jahre nach dem rassistischen Angriff von Tobias Rathjen am 19. Februar 2020, bei dem in der Hanauer Innenstadt zwei Cafés angegriffen wurden und neun Menschen, darunter vier Türken, ihr Leben verloren, scheinen die Erwartungen der Gesellschaft nicht erfüllt worden zu sein.

Die schmerzhaften Erinnerungen an den Angriff sind noch frisch. Der Täter, Tobias Rathjen, war rassistisch und rechtsextrem. Rathjen erklärte in einem Manifest, sein Angriff ziele darauf ab, seinen Hass gegenüber bestimmten ethnischen Gruppen und Migranten in Deutschland zum Ausdruck zu bringen.

Dieser Angriff sollte ein Wendepunkt in der deutschen Geschichte sein, und es wurden ernsthafte politische und soziale Maßnahmen zur Bekämpfung des Rassismus erwartet. Jedoch wurden diese Erwartungen nicht erfüllt, und verschiedene Faktoren, wie der Rücktritt von Angela Merkel, der Regierungswechsel, der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine sowie wirtschaftliche Herausforderungen drängten die notwendigen Schritte gegen den Rassismus in den Hintergrund. Die populistische Rhetorik der extremen Rechten nutzt diese Probleme und gewinnt weiter an Einfluss. Tatsächlich befindet sich die Politik in Deutschland in einem Teufelskreis: Die Bekämpfung von Rassismus und Extremismus bleibt aufgrund wirtschaftlicher, sozialer und politischer Probleme im Hintergrund, was den rechtsextremen Gruppen Raum für ihr Wachstum gibt.

Gesellschaftliche Auswirkungen des Angriffs

Die gesellschaftlichen und politischen Auswirkungen des Angriffs in Hanau sind tiefgreifend und komplex. Der Angriff hat nicht nur Deutschland, sondern insbesondere die lokale Gemeinschaft in Hanau erschüttert. Furcht und Besorgnis in der Gesellschaft aufgrund des Angriffs sind nicht abgeklungen, sondern im Laufe der Jahre eher gewachsen. Insbesondere rechtsextreme Bewegungen, darunter die AfD, sollten nach dem Angriff stärker überwacht und geschwächt werden. Stattdessen haben diese Bewegungen an Einfluss gewonnen. Angela Merkel sagte bei der Bekanntgabe des Angriffs: „Rassismus ist Gift, Hass ist Gift und dieses Gift existiert in unserer Gesellschaft.“ Dennoch hat sich gezeigt, dass dieses Gift im Laufe der Jahre auf breite Bevölkerungsschichten übergegangen ist, da die AfD, die offen fremdenfeindliche Äußerungen macht, an Unterstützung gewonnen hat. Laut Umfragen ist die AfD zweitstärkste Partei in Deutschland.

Der Angriff in Hanau hat eine breite Diskussion über den Kampf gegen Rassismus und Diskriminierung in Deutschland ausgelöst. Die Gesellschaft ist sich einig, dass wirksamere Maßnahmen zur Bekämpfung und Verhinderung solcher Angriffe ergriffen werden müssen. Leider sind diese Erwartungen nicht erfüllt worden. Die Statistiken über politisch motivierte Straftaten und Gewalttaten mit rechtsextremistischem Hintergrund in Deutschland von 2010 bis 2022 zeigen einen stetigen Anstieg. Auch nach 2020, dem Jahr des Angriffs in Hanau, zeigen die Statistiken, dass politisch motivierte Straftaten und Gewalttaten mit rechtsextremistischem Hintergrund zugenommen haben. Daher hat der Angriff in Hanau nicht zu einem Rückgang rechtsextremer Ideologien in der Gesellschaft geführt.

Das Versagen der Medien

Der Angriff in Hanau hat dazu geführt, dass die Art und Weise, wie die Medien mit derlei Ereignissen umgehen und darüber berichten, in Frage gestellt wurde. Die Sprache der Medien, die Art und Weise, wie der Angriff „geframt“ wurde und aus welcher Perspektive er präsentiert wurde, sind von großer Bedeutung, da Medien eine wichtige Rolle bei der Meinungsbildung der Gesellschaft spielen. In den ersten Momenten des Angriffs berichteten die Medien, es handele sich eher um eine kriminelle Tat als um einen rassistischen Angriff. Es wurde behauptet, der Täter habe psychische Probleme und der Angriff sei eine Auseinandersetzung innerhalb der Mafia. Der Vorfall wurde als „Shisha-Morde“ bezeichnet. Diese Darstellung war nicht überraschend, da der Begriff „Döner-Morde“ in Bezug auf die NSU-Morde bereits zuvor häufig verwendet worden war.

Andererseits wurde der Angriff von Politikern und Medien als Angriff auf unsere „freie und demokratische Grundordnung“ und „uns alle“ bezeichnet. In Wirklichkeit war es jedoch eindeutig ein rassistischer Angriff auf Muslime, da der Angriff in Shisha-Bars stattfand, in denen bestimmte Gemeinschaften verkehrten. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Zielgruppen dieses Angriffs und die betroffenen Gemeinschaften klar benannt werden, um wirksam gegen Rassismus vorgehen zu können.

Maßnahmen zur Verhinderung weiterer Angriffe

Rassistische Angriffe sind bedauerlicherweise zu einem Teil des täglichen Lebens in Deutschland geworden. Rechtsextreme Parteien gewinnen weiter an Einfluss, da die Verantwortung, gegen diese Bewegungen vorzugehen, nicht nur bei Politikern oder den Medien liegt, sondern im Zusammenwirken der Gesellschaft, um diese Ideologien zu bekämpfen und ihnen entgegenzutreten. Es ist daher erforderlich, in allen Teilen der Gesellschaft Kampagnen zur Aufklärung und Sensibilisierung gegenüber rassistischen und rechtsextremen Denkweisen zu starten. Kinder sollten von klein auf in demokratischen Werten und dem „Zusammenleben“ unterrichtet werden. Schulen und öffentliche Einrichtungen sollten Schulungen zur Bekämpfung von Rassismus durchführen. Diese Schulungen sollten Schülern und Erwachsenen die schädlichen Auswirkungen von Rassismus vermitteln und die Bedeutung des gemeinsamen Zusammenlebens betonen.

Die „unregulierten“ Bereiche des Internets spielen eine wichtige Rolle bei der schnellen Verbreitung rechtsextremer und rassistischer Inhalte. Es ist notwendig, dass die Strafverfolgungsbehörden diese Inhalte im Internet und auf sozialen Medien überwachen und Maßnahmen gegen die Propaganda solcher Gruppen, insbesondere gegenüber Jugendlichen, ergreifen. Hier sind sowohl die Regierung als auch die sozialen Medienunternehmen gefragt. Die Regierung muss aktivere rechtliche Regelungen zur Bekämpfung rechtsextremer Gruppen im Internet schaffen und Propagandisten verfolgen sowie hetzerische Inhalte schnell identifizieren. Die sozialen Medienunternehmen ihrerseits müssen solche rassistischen Propagandainhalte, die sowohl von der Regierung als auch von ihnen selbst erkannt werden, schnell entfernen.

Die Sicherheitskräfte müssen effektiver mit der Gesellschaft zusammenarbeiten, um potenzielle Bedrohungen zu überwachen und zu bewerten. Es könnten spezielle Einheiten zur Überwachung von Aktivitäten rechtsextremer und rassistischer Gruppen geschaffen werden. Insbesondere muss auf Enthüllungen wie den „Remigrationsplan“ der AfD vor einigen Wochen reagiert werden. Solche Aktivitäten rechtsextremer und rassistischer Motivation müssen genauer verfolgt werden.

Eine weitere wichtige Aufgabe liegt bei den Medien. Etablierte Medienorganisationen sollten die Öffentlichkeit im Kampf gegen den Rechtsextremismus aufklären und in Bezug auf diese Themen eine besonders sensible Sprache verwenden. Eine genauere Berichterstattung über solche Vorfälle wird nicht nur das Wachstum rechtsextremer Gruppen behindern, sondern auch bewirken, dass sich Migranten in der Gesellschaft sicherer fühlen. Insbesondere sollten Begriffe wie „Döner-Morde“ und „Shisha-Morde“ vermieden werden, und die Medien sollten solche Vorfälle sensibler vermitteln.

Insgesamt sind Islamophobie und Fremdenfeindlichkeit das eigentliche Fundament des Angriffs. Die Sensibilität der Gesellschaft im Kampf gegen solche diskriminierenden Gedanken und für das Zusammenleben muss von politischen Parteien und zivilgesellschaftlichen Organisationen unterstützt werden, und die Menschen sollten ermutigt werden, aktiver im Kampf gegen Rassismus zu sein. Der Angriff in Hanau hat gezeigt, dass es höchste Zeit ist, sich ernsthaft und wirksam mit Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Islamfeindlichkeit auseinanderzusetzen und die internationale Zusammenarbeit in dieser Hinsicht zu stärken.

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