Nach heftigen Protesten sah sich die Gleichstellungskommissarin der EU, Helena Dalli, am Dienstag dazu veranlasst, eine interne Anweisung über interne Kommunikation innerhalb der Kommission zurückzuziehen. Darüber berichteten mehrere europäische Medien, unter anderem „Politico“.
Das 30 Seiten lange Konvolut, das Ende Oktober erstmals in Umlauf kam, sollte unter anderem zum Gebrauch „inklusiverer“ Sprache mahnen. Kritiker sahen darin hingegen schon bald einen „Angriff auf den gesunden Menschenverstand“ oder gar einen Versuch, auf EU-Ebene das Weihnachtsfest abzuschaffen.
Nun sollen „Bedenken geprüft“ werden
Das interne Dokument wurde der italienischen Zeitung „Il Giornale“ zugespielt. Daraufhin kam es zu heftiger Kritik in sozialen Medien und neben konservativen und rechtsnationalen Politikern äußerten sich auch hohe Würdenträger im Vatikan und ein früherer EU-Kommissar in harschen Worten über dessen Inhalt.
Am Ende ruderte Dalli zurück. Auf Twitter schrieb sie:
„Es wurden Bedenken hinsichtlich einiger Beispiele in den Leitlinien für integrative Kommunikation geäußert, die, wie bei solchen Leitlinien üblich, noch in Arbeit sind. Wir prüfen diese Bedenken mit dem Ziel, sie in einer aktualisierten Fassung der Leitlinien zu berücksichtigen.“
Die Anweisung sollte Teil eines Konzepts von EU-Kommissarin Ursula von der Leyen sein, eine „Union der Gleichheit“ zu schaffen und sicherzustellen, dass „jeder Mensch in all unseren Materialien wertgeschätzt und anerkannt wird, ungeachtet seines Geschlechts, seiner Rasse oder ethnischen Herkunft, seiner Religion oder Weltanschauung, seiner Behinderung, seines Alters oder seiner sexuellen Ausrichtung“.
„Malika und Julio unten am Schulhof“?
In Dallis Dokument wurden Mitarbeiter und Beamte der EU-Kommissions unter anderem angewiesen, Auditorien nicht mit „Sehr geehrte Damen und Herren“, sondern stattdessen mit Wendungen wie „Werte Anwesende“ – im Englischen wäre „Dear Colleagues“ angemessen – zu begrüßen. Auch sollten Frauen generell nicht mit „Miss oder Mrs“, sondern nur einheitlich mit „Ms“ angesprochen werden. Die Debatte ähnelt jener von „Fräulein“ und „Frau“ im Deutschen.
Vor allem aber wurde den Adressaten angeraten, „die Annahme zu vermeiden, jeder wäre christlich“. Konkret hieße das: „Nicht jeder feiert die christlichen Feiertag, und nicht jeder tut dies an denselben Tagen.“ Deshalb sollten EU-Mitarbeiter, so heißt es im Dokument, statt „Weihnachten kann stressig sein“ künftig „Die Ferienzeit kann stressig sein“ verwenden.
Des Weiteren solle auf Begriffe wie „Taufname“ verzichtet werden und auch bei der Verwendung von Namen solle auf solche verzichtet werden, die „typisch für eine Religion“ seien. So sollten „internationale Paare“ etwa in Broschüren nicht mehr „Maria und Johann“, sondern etwa „Malika und Julio“ heißen.
Um „Gender-besetzte“ Worte zu vermeiden, sollte auch „synthetic fabrics“ an die Stelle von „manmade fabrics“ treten.
Reaktion von Kollegen: „Mit Dalli erleben wir Surrealismus“
Kardinal Pietro Parolin äußerte angesichts der Inhalte des Dokuments gegenüber „Vatican News“:
„Natürlich wissen wir, dass Europa seine Existenz und seine Identität zahlreichen Beiträgen verdankt, aber wir dürfen nicht vergessen, dass einer seiner wichtigsten Beiträge, wenn nicht sogar der wichtigste, das Christentum selbst war.“
Giorgia Meloni, die Vorsitzende der rechtskonservativen Fratelli d’Italia, warf der EU vor, diese wolle „im Namen einer sinisteren Ideologie die Kultur eines Volkes unterdrücken“.
Auf die Kehrtwende der aus Malta stammenden Dalli reagierte der frühere Verkehrs- und Industriekommissar Antonio Tajani mit den Worten: „Lang lebe das Europa des gesunden Menschenverstandes.“
Gegenüber „Politico“ äußerte auch ein amtierendes Mitglied der EU-Kommission, das nicht namentlich genannt werden wollte:
„Kommissarin Dalli versucht ihren kompletten Mangel an Einfluss zu kompensieren, indem sie ihre ‚Inklusivitätsrichtlinien‘ aus dem Hut zaubert, die elementarste Regeln dekonstruieren. Wir werden noch verrückt. Mit Dalli erleben wir Surrealismus.“