Schätzungsweise 100.000 Kinder sind aus Beziehungen zwischen deutschen Besatzungssoldaten und Französinnen während des Zweiten Weltkriegs hervorgegangen. Manche von ihnen oder deren Nachfahren suchen bis heute nach ihren Wurzeln, weil ihre Familien ihnen die Wahrheit verschwiegen haben. „Die Kinder haben unter diesem Schweigen oft sehr gelitten“, sagt der Historiker Fabrice Virgili in einem AFP-Gespräch.
„Viele Kriegskinder haben erst spät mit der Suche nach ihrer Herkunft begonnen“, sagt Virgili. Heute seien die Kinder der in Frankreich stationierten Nazi-Soldaten um die 80, aber in manchen Fällen seien es auch die Enkel, die die Suche beginnen oder fortsetzen. „Der Generation der Enkel fällt es leichter, Fragen zu stellen“, schildert Virgili.
Als die Kinder von Wehrmachtssoldaten geboren wurden, wurden deren Mütter oft verachtet, weil sie sich mit den Besatzern eingelassen hatten. Sie galten als Nazi-Kollaborateurinnen, manchen von ihnen wurde zur Strafe der Kopf geschoren. Die Kinder wurden beschimpft.
„Die meisten Mütter haben mit ihren Kindern nie darüber gesprochen“, sagt Virgili. Auch wenn es Vergewaltigungen gegeben habe, waren nach seinen Einschätzungen die Beziehungen zumeist einvernehmlich.
Der frühere französische Außenminister Bernard Kouchner hatte sich 2008 dafür eingesetzt, dass französische Kinder deutscher Besatzungssoldaten Anspruch auf die deutsche Nationalität erhalten sollten - und die Bundesregierung stimmte dem zu. „Es ist eine Nationalität, die nicht weitervererbt werden kann“, erklärt Virgili. Aber für manche Betroffenen habe sie einen hohen symbolischen Wert.
7 Jan. 2023
AFP
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