Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) befürwortet das zweite Amtsenthebungsverfahren gegen US-Präsident Donald Trump. „Ich habe dafür volles Verständnis. Mit der Einleitung des Impeachment-Verfahrens macht der Kongress deutlich, dass die USA nicht bereit sind, die Beschädigung demokratischer Institutionen einfach so zu akzeptieren“, sagte Maas der „Bild am Sonntag“. Es gehe auch darum, „zu verhindern, dass so etwas noch einmal geschieht"“ Trump sei „der geistige Brandstifter hinter der Attacke auf das Kapitol“, sagte Maas. Die Dinge müssten „klar beim Namen genannt werden, egal, ob das jemand benutzt, um sich zum Märtyrer zu stilisieren“. Anhänger des scheidenden Präsidenten hatten am 6. Januar das Kongressgebäude in der US-Hauptstadt Washington gewaltsam gestürmt. Am Mittwoch beschloss das Repräsentantenhaus ein Impeachment gegen Trump wegen „Anstiftung zum Aufruhr“. Trump ist damit der erste Präsident der US-Geschichte, gegen den zwei Amtsenthebungsverfahren eingeleitet wurden. Maas gab Trump ausdrücklich die Schuld an der Stürmung des Kapitols: „Wer hetzt, trägt Verantwortung. Aber schon lange vorher hat Trump Menschen mit Lügen und Verschwörungstheorien auf Abwege gebracht. Seine Anhänger haben sich instrumentalisieren lassen für jemanden, der mit seinem ganzen Narzissmus diese Wahlniederlage nicht verkraftet.“
„Internetunternehmen haben zu viel Macht“
Die dauerhafte Sperrung von Trumps Twitter-Konto kritisierte Maas allerdings: „Auf den ersten Blick wirkt das symphytisch. Aber bei genauerem Hinsehen fühle ich mich nicht wohl damit.“ Nicht nur Trumps Twitter-Account sei gesperrt worden, auch das Netzwerk Parler, auf das er ausweichen wollte, sei von Apple, Google und Amazon aus ihrem Angebot entfernt worden. „Diese Internetunternehmen haben zu viel Macht, Meinungsbildungsprozesse zu beeinflussen“, sagte Maas. „Es kann nicht die Entscheidung eines Firmenchefs in den USA sein, wer was wo sagen darf und wer nicht. Dafür muss es Regeln geben, die demokratisch gewählte Regierungen setzen.“ Gemeinsame Regeln für die Online-Netzwerke und das Thema Meinungsfreiheit gehörten daher ganz oben auf die Tagesordnung beim vom künftigen US-Präsidenten Joe Biden geplanten Gipfel der Demokratien. „Wir dürfen nicht immer mehr Macht an die Digitalunternehmen abgeben“, sagte Maas.
„Trump hat die Spielregeln der Demokratie weder verstanden noch akzeptiert“
Der Außenminister warnte nachdrücklich vor den Gefahren, die von Trump noch nach seinem Ausscheiden aus dem Präsidentenamt ausgehen: „Donald Trump wird zwar aus dem Weißen Haus verschwinden, aber nicht aus der amerikanischen Öffentlichkeit. Trump wird weiter die Lügengeschichte erzählen, dass er die Wahl gewonnen habe.“ Selbst wenn die Republikaner so vernünftig seien, endlich mit ihm zu brechen, werde er „von der Seitenlinie mit seinen Fake News versuchen, viele Anhänger aufzuhetzen“.
Maas zog eine vernichtende Bilanz der Trump-Präsidentschaft: „Trump hat die Spielregeln der Demokratie weder verstanden noch akzeptiert.“ Er habe die Mechanismen der Demokratie genutzt, um an die Macht zu gelangen, aber nie verstanden, „dass in einer Demokratie gerade auch faire Wahlverlierer systemrelevant sind“.