Die Bundesregierung will im kommenden Jahr das NATO-Ziel für die Verteidigungsausgaben erfüllen. „Tatsächlich streben wir in der Finanzplanung an, bereits ab dem nächsten Jahr das Zwei-Prozent-Ziel zu erreichen“, sagte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) am Mittwoch bei der Vorstellung der Nationalen Sicherheitsstrategie in Berlin. In der Strategie formuliert die Bundesregierung das Ziel, das Zwei-Prozent-Ziel der NATO „im mehrjährigen Durchschnitt“ zu erreichen.
Diese Formulierung bedeute, dass das NATO-interne Ziel, zwei Prozent der Wirtschaftsleistung eines Landes in die Verteidigung zu investieren, jeweils im mehrjährigen Mittel erreicht werden solle, nicht aber zwingend in jedem einzelnen Bundeshaushalt, erläuterte Lindner. Dadurch sollten Verzerrungen durch einzelne Großausgaben vermieden werden.
„Zwei Prozent sind ehrgeizig und sind mit Aufwand verbunden“
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) erklärte, die zwei Prozent sollten als „Planungshorizont“ dienen. Darauf könne die Bundeswehr „ihre Planung aufbauen“.
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) sagte: „Zwei Prozent sind ehrgeizig und sind mit Aufwand verbunden, trotzdem werden wir das machen.“ Er wies darauf hin, dass die Mittel aus dem 100 Milliarden Euro umfassenden Sondervermögen für die Bundeswehr zur Erreichung des Ziels beitrügen.
Finanzminister Lindner wies bei der Pressekonferenz jedoch darauf hin, dass die Situation eintreten werde, „dass dieses Sonderprogramm erschöpft“ sei. Er mahnte deshalb finanzielle Disziplin an.
Auch der deutsche Beitrag zur Finanzierung des NATO-Militärbündnisses soll in diesem Jahr kräftig steigen. Veranschlagt seien deutsche Zahlungen von bis zu 537 Millionen Euro - nach 446 Millionen im vergangenen Jahr, was einem Plus von mehr als 20 Prozent entspricht, wie aus einer Antwort des Bundesverteidigungsministeriums auf eine Anfrage der Linken hervorging. Grund dafür ist der massive Anstieg des NATO-Gesamtbudgets auf 3,32 Milliarden Euro im aktuellen Jahr gegenüber 2,6 Milliarden Euro im Vorjahr.
Je höher der NATO-Haushalt ausfällt, desto höher sind auch die deutschen Einzahlungen für die NATO-Gemeinschaftsfinanzierung. Bei den Budgetwerten für das laufende Jahr handelt es sich um Obergrenzen: Noch ist unklar, ob die Mittel in dieser Höhe tatsächlich abgeschöpft werden.
Deutschland hat in absoluten Zahlen größtes Verteidigungsdefizit
Mit dieser Ankündigung reagiert die Bundesregierung auch auf die langjährige Kritik und Kontroverse anderer NATO-Mitglieder. Kritiker warfen Deutschland in der Vergangenheit vor, zu wenig in die Verteidigung zu investieren und den Schutz anderer Bündnismitglieder zu suchen, ohne selbst über ein großes Verteidigungsbudget zu verfügen.
Vor allem die USA übten wiederholt Druck auf Deutschland aus, mehr für die eigene Sicherheit zu tun und seinen fairen Anteil an den gemeinsamen Lasten zu tragen. Der ehemalige US-Präsident Donald Trump hatte sogar mit dem Abzug US-amerikanischer Truppen aus Deutschland gedroht, sollte Berlin nicht mehr Geld für das Militär ausgeben.
Deutschland liegt mit seinen Verteidigungsausgaben weit hinter den NATO-Staaten mit den größten Militärbudgets. Nach Berechnungen des Ifo-Instituts vom Mai wird Deutschland seine Ausgaben gegenüber 2021 um 0,1 Prozentpunkte auf 1,6 Prozent der Wirtschaftsleistung steigern, einschließlich der Ausgaben aus dem Sondertopf Bundeswehr.
Damit liegt Deutschland auf Platz 17 der 30 NATO-Staaten plus Beitrittskandidat Schweden. Die deutsche Lücke zum Zwei-Prozent-Ziel der Wirtschaftsleistung beträgt nach Ifo-Angaben in diesem Jahr 17 Milliarden Euro. Das ist das größte Defizit aller Bündnisstaaten.