Die aserbaidschanischen Behörden haben einen armenischen Luftangriff auf den Landkreis Barda gemeldet, bei dem 21 Zivilisten getötet worden sein sollen. Mindestens 70 weitere Menschen seien bei dem Angriff nahe der Frontlinie zur umkämpften Region Berg-Karabach verletzt worden, teilte der Generalstaatsanwalt in Baku am Mittwoch mit. Die armenische Regierung wies die Angaben umgehend zurück und bestritt einen Angriff. Laut dem aserbaidschanischen Präsidentensprecher Hikmet Hadschijew nutzten die armenischen Streitkräfte russische Smertsch-Raketen für den Angriff. Hadschijew warf Armenien zudem den Einsatz von international geächteter Streumunition vor, das Ziel seien „besonders viele Opfer unter Zivilisten“ gewesen. Laut dem Generalstaatsanwalt schlugen die Raketen in einer dicht besiedelten Gegend sowie einem Einkaufsviertel ein. Am Dienstag hatten die aserbaidschanischen Behörden vier zivile Todesopfer durch einen armenischen Raketenangriff im Landkreis Barda gemeldet. Eines der Todesopfer war demnach ein Kleinkind. Die Regierung in Eriwan bestritt auch, hinter diesem Angriff zu stecken.
Mehr als hundert Zivilisten gestorben
Ende September war der Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan um die umstrittene Kaukasus-Region Berg-Karabach wieder voll entbrannt. Seit Beginn der Kämpfe wurden nach offiziellen Angaben beider Konfliktparteien bereits mehr als tausend Menschen getötet, darunter mehr als hundert Zivilisten. Tatsächlich dürfte die Zahl der Toten noch deutlich höher liegen. Russlands Präsident Wladimir Putin hatte vergangene Woche von fast 5000 Toten durch die Gefechte gesprochen.
Versuche der internationalen Gemeinschaft, eine dauerhafte Waffenruhe zu erreichen, waren bisher stets gescheitert. Eine von Russland, Frankreich und den USA vermittelte neue Feuerpause scheiterte bereits kurz nach ihrem Inkrafttreten am Montag.
Berg-Karabach hatte während des Zerfalls der Sowjetunion einseitig seine Unabhängigkeit erklärt. Darauf folgte in den 90er Jahren ein Krieg mit 30.000 Toten. Die selbsternannte Republik Berg-Karabach wird bis heute international nicht anerkannt und gilt völkerrechtlich als Teil Aserbaidschans.
Beobachter fürchten, dass sich der Konflikt zu einem Stellvertreterkrieg zwischen Russland und der Türkei im Kaukasus ausweiten könnte. Die Türkei unterstützt in dem Konflikt das Nachbarland Aserbaidschan. Russland unterhält gute Beziehungen zu beiden Seiten, gilt aber als die militärische Schutzmacht Armeniens.