Der Türkische Rote Halbmond, die größte Hilfsorganisation des Landes, arbeitet in Kooperation mit dem Deutschen Roten Kreuz (DRK) an einem Projekt für Geflüchtete in der Türkei. Mine Akdoğan, Leiterin des Programms „Gesundheit und psychosoziale Unterstützung“, begründet gegenüber TRT Deutsch, wieso das Vorhaben wichtig ist.
In der Türkei leben etwa vier Millionen Geflüchtete – mehr als in jedem anderen Land der Welt. Im Rahmen des deutsch-türkischen Hilfprojekts wurden in türkischen Städten insgesamt zwölf Stationen für Psychotherapie und Psychiatrie eingerichtet, wie das DRK auf seiner Internetseite festhält. Durch dieses Programm, das vom Auswärtigen Amt finanziell unterstützt wird, soll laut Akdoğan verhindert werden, dass die „vernichtenden Ereignisse der Kriege zu einem chronischen Problem“ für die Migranten werden. Dabei bestehe eine breite Palette an Möglichkeiten, diesen Menschen zu helfen: Neben psychiatrischen und psychotherapeutischen Behandlungen würden auch die Kindesentwicklung verfolgt oder psychologische Betreuung angeboten.
„Viele der Geflüchteten aus Syrien sind durch ihre Kriegs- und Fluchterfahrungen stark belastet“, stellt das DRK fest. Auch Mine Akdoğan teilt diese Ansicht und betont, dass dabei jedes Individuum mit den persönlichen Erlebnissen unterschiedlich umgeht. „Während manche Menschen diese Phase mit kleinen Schwierigkeiten überwinden, kann sie für andere zu Traumata führen, deren Spuren sich für eine lange Zeit erkennen lassen“, sagt die Programmleiterin.
Acht Hilfszentren nahmen ihre Arbeit laut Akdoğan bereits vergangenes Jahr auf: In Ankara, Şanlıurfa, Konya, Gaziantep, Adana, Kayseri, Kahramanmaraş und auf dem asiatischen Teil Istanbuls können Migranten schon seit 2020 Unterstützung vom Türkischen Roten Halbmond erhalten. „Die Zentren sind für alle Gemeindemitglieder frei zugänglich, unabhängig von Herkunft und Alter“, so das DRK. Weitere vier Zentren wurden dieses Jahr eingerichtet.
Auf die Frage von TRT Deutsch, ob die Ziele bis jetzt erreicht werden konnten, antwortete Akdoğan mit einem Verweis auf die Corona-Pandemie. „Viele Aktivitäten, die wir persönlich mit den Flüchtlingen durchführen wollten, mussten wir an die Bedingungen der Pandemie anpassen“, bedauert sie. Dies habe dazu geführt, dass die Ziele bisher nicht in vollem Umfang erreicht werden konnten. Da die Privatsphäre der Flüchtlinge bei den Behandlungen wichtig sei, habe es Schwierigkeiten bezüglich der Umsetzung von Behandlungen in mehrköpfigen Familien gegeben. Doch mit der beginnenden Normalisierung in der Türkei haben laut der Programmleiterin die Zentren ihre Arbeit wieder vollständig aufgenommen.
Und inwiefern ist die Unterstützung Deutschlands wichtig? „Das Problem der Geflüchteten kann nicht die Verantwortung eines einzigen Landes sein“, betont Akdoğan. Sie ruft deshalb alle Staaten auf, Flüchtlingen zu helfen. Das DRK habe die Auffassung des Türkischen Roten Halbmondes, dieses Projekt umzusetzen, als wichtig erachtet und deshalb seine Unterstützung angeboten. Die Programmleiterin hofft nun, dass „sowohl Einzelpersonen als auch Familien mit mehr Hoffnung in die Zukunft“ blicken können. „Es ist aus unserer Sicht wichtig, dass neben Deutschland auch andere Länder kooperieren, um dieses Problem zu überwinden und Teil der Lösung zu sein“.