Der Präsident des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, hat die Empfehlungen des Ethikrates zu möglichen Sonderrechten für Geimpfte als „mut- und kraftlos“ kritisiert. „Ich finde, dem Rat fehlt der Mut, den Menschen ihre Grundrechte wieder einzuräumen, die entweder die Krankheit durchgemacht haben und dadurch immun sind, oder die sich dem Impfen als einem sozialen Solidaritätsakt unterzogen haben“, sagte Montgomery der „Passauer Neuen Presse“, wie das Blatt am Samstag mitteilte.
Natürlich gelte die Voraussetzung, dass Impfung zur Immunität führe, fügte er hinzu. „Wir müssen Menschen, dann, wenn allen ein Impfangebot gemacht wurde, von Beschränkungen befreien“, forderte er. In der Corona-Krise wird seit längerem kontrovers diskutiert, ob Geimpften Sonderrechte eingeräumt werden sollten. Der Deutsche Ethikrat sieht mögliche Erleichterungen für Menschen mit einer Schutzimpfung derzeit kritisch.
Montgomery warnte auch vor schnellen bundesweiten Öffnungen im Corona-Lockdown. Stattdessen sprach er sich für regional abgestufte Lockerungen, abhängig von den jeweiligen Inzidenzwerten, aus. „Klug wäre es, gemäß einem hoffentlich inzwischen vorliegenden Plan lokal und regional ab Unterschreiten der magischen Inzidenzgrenze von 50 Lockerungen vorzunehmen“, sagte Montgomery.
Bei möglichen Öffnungen müsse sehr engmaschig beobachtet werden, welche Folgen das habe. „Sonst begibt man sich in die Gefahr, gleich wieder eine neue Ansteckungswelle zu erleben. Und das müssen wir um jeden Preis verhindern“, sagte Montgomery. Rein medizinisch wäre es „das Klügste, zu warten, bis wir überall bei den Inzidenzen unter 10 sind“, sagte Montgomery. Dies sei aber nicht realistisch in einem föderalen Staat, und das würde eine coronamüde Bevölkerung nicht hinnehmen.