Der bis vor Kurzem amtierende UN-Sonderberichterstatter für Folter, Nils Melzer, sieht im Umgang der deutschen Behörden mit Polizeigewalt Systemversagen. Er übt scharfe Kritik rund um die Fälle von Polizeigewalt bei Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen in Berlin, wie die „Welt“ am Dienstag berichtete.
„Ich fand die Reaktion der Regierung bedenklich“, sagte Melzer, der bis Ende März bei der UNO tätig war. Nach Auffassung der Bundesregierung sei es verhältnismäßig gewesen, dass Polizisten beispielsweise einen nicht aggressiven Demonstranten vom Fahrrad stießen und auf den Boden warfen. „Die Wahrnehmung der Behörden, was verhältnismäßig ist, ist verzerrt“, so Melzer.
Der UN-Sonderbeauftragte für Folter hatte im Sommer 2021 seine Sorge über Videos mit Polizeigewalt zum Ausdruck gebracht und die Bundesregierung um eine Stellungnahme gebeten. Die Antwort auf seine Bitte nach einer Statistik sei gewesen: In zwei Jahren habe es nur einen einzigen Fall gegeben und in mehreren Bundesländern gebe es gar keine Statistiken.
„Das ist kein Zeichen von Wohlverhalten, sondern von Systemversagen“, ist Melzer überzeugt. „Die Behörden sehen gar nicht, wie blind sie sind.“ Er kommt zu dem Schluss: „Die Überwachung der Polizei funktioniert in Deutschland nicht.“ Arroganz sei gefährlich, sagte Melzer. „Das zerstört das Vertrauen der Bürger in die Polizei.“
Melzer ist wegen einer Berufung in das Direktorium des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) Ende März von seinem UN-Amt zurückgetreten.
Mehr zum Thema: Corona-Politik: Demos gegen Maßnahmen und Impfpflicht
TRT Deutsch
Ähnliche Nachrichten
Rechtsrock-Konzert in Neumünster von Polizei verhindert
Polizei verhindert Rechtsrock-Konzert in Neumünster: Nachdem rund 400 Teilnehmer aufgefordert wurden, das Gelände zu verlassen, griffen einige Rechtsradikale die Einsatzkräfte mit Stühlen und Bierdosen an. Bundespolizisten aus Hamburg rückten an.
14 Bundesländer passen Abschlussprüfungen nochmals an
Fast alle Bundesländern wollen laut einem Bericht die Abschlussprüfungen an den Schulen weiter erleichtern. Grund dafür ist der Unterrichtsausfall während der Pandemie. Hessen hat sich noch nicht entscheiden. Rheinland-Pfalz geht einen anderen Weg.
Selbe Kategorie
Worüber möchten Sie mehr erfahren?
Beliebt
Iran: Rätselhafte Vergiftungswelle beunruhigt die Bevölkerung
Bei einer landesweiten Anschlagswelle im Iran wurden Hunderte Schulmädchen vergiftet. In Regierungskreisen werden Extremisten dahinter vermutet. Eine offizielle Stellungnahme aus Teheran steht aber noch aus. Die Wut und Sorge der Eltern wächst.