Notfallsanitäter im Einsatz gegen Corona-Infektion (dpa)
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Es gibt keine genauen Angaben über Beschäftigtenzahlen der Notfallsanitäter. Als Vertretung des Rettungsfachpersonals gibt der Deutsche Berufsverband Rettungsdienst e.V. (DBRD) rund 40.000 sozialversicherungspflichtig angestellte Notfallsanitäter an. Hinzu kommen weitere 20.000 Beamte der Feuerwehr, die im Rettungsdienst tätig sind. Mit allen Teilzeitkräften und Azubis im Rettungsdienst arbeiten etwa 67.000 Beschäftigte auf 2.200 Rettungswachen. Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) hat mit geschätzten 55 Prozent den größten Marktanteil.

Gerade in der Pandemie könnte ein Personalmangel die Krise zusätzlich verschärfen. Der Vorstand des DBRD, Marco K. König, erklärt: „Zurzeit ist die rettungsdienstliche Lage sehr ruhig. Sollte es aber zu einer erhebliche Steigerung von schwerkranken Covid-19-Patienten und zu einer Zunahme von Verlegungen von intensivpflichtigen Patienten kommen, kann der Regelrettungsdienst an seine Leistungsgrenzen gelangen.“

Bundesweit liege der Rettungsdienst in der Verantwortung der Kreise und kreisfreien Städte. Die Covid-19-Maßnahmen würden entsprechend unterschiedlich geregelt. Marion Leonhardt, Zuständige für Rettungsdienste bei Ver.di, betont: „Schon vor der Corona-Pandemie mussten Rettungskräfte ihre Arbeit unter schwierigen Bedingungen leisten und waren vielfachen physischen und psychischen Belastungen ausgesetzt. Nun hat sich die Situation noch verschärft.“

Im Allgemeinen informieren und schulen verantwortungsvolle Rettungsdienstträger und Leistungserbringer sehr intensiv und zeitgerecht. Es gebe aber auch Beispiele, wo die Mitarbeiter alleine gelassen werden, so DBRD-Vorstand König.

Zahl der Infektionstransporte um bis zu 370 Prozent gestiegen

Die Zahl der Infektionstransporte ist seit Beginn der Pandemie stark gestiegen, zum Beispiel in Bayern laut Bayerischem Roten Kreuz um bis zu 370 Prozent. Für die Rettungskräfte bedeutet das, nach jedem dieser Einsätze das Fahrzeug und das gesamte Inventar gründlich desinfiziert werden müssen. Also fällt viel mehr Zeit für die Desinfektion an, erklärt Leonhard von ver.di.

Die Gewerkschaft betont, in der gegenwärtigen Situation sei aufgrund der Covid-19-Arbeitszeitverordnung das Arbeitszeitgesetz teilweise außer Kraft gesetzt. „Es ermöglicht für 'Tätigkeiten in der kritischen Infrastruktur' unter anderem, die Schichten auf bis zu zwölf Stunden zu verlängern und die Ruhezeiten auf bis zu neun Stunden zu verkürzen. Angesichts der sehr hohen Arbeitsbelastung brauchen die Beschäftigten aber gerade jetzt besonderen Schutz. Ihre Gesundheit darf nicht aufs Spiel gesetzt werden.“

Notfallsanitäter in Schutzmontur für den Transport von Corona-Patienten (DPA)

Entsprechend unterschiedlich sind die Schutzvorkehrungen für das Rettungspersonal definiert. Grundsätzlich empfiehlt der DBRD bei „Kontakt zu allen Patienten zu der üblichen Rettungsdienstschutzkleidung das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes bzw. FFP2-Maske, von Einmal-Handschuhen sowie einer Schutzbrille. Sollte es einen Verdacht oder einen bestätigten Fall auf Covid-19 geben, sind je nach Umfang der Behandlung weitere Maßnahmen erforderlich. So bekommt zum Beispiel der Patient einen Mund-Nasen-Schutz und die Besatzung trägt einen Schutzkittel oder Schutzoverall.“ Italien: 5.000 Mitarbeiter im Gesundheitswesen an Corona infiziert Zu Beginn der Epidemie hat es Engpässe bei der Beschaffung von Schutzmasken für das Rettungspersonal gegeben. Inzwischen ist der Mangel an Schutzausrüstung kompensiert. Für den Verband hat der Schutz der Beschäftigten höchste Priorität. „Viele Kolleginnen und Kollegen haben, wie viele andere in den systemrelevanten Berufen, Angst vor einer Infizierung. Insbesondere, wenn Sie mit Personen, die zu einer Risikogruppe gehören, zusammen leben.“ Wie viele Beschäftigte sich in diesem Beruf infiziert haben, lässt sich nicht beziffern. Die Statistik kategorisiert die Zahl der Infizierten nicht nach Berufsgruppen. Allein in Italien infizierten sich nach offiziellen Angaben 5.000 Mitarbeiter. Der Umgang mit Patienten ist generell ein anderer geworden – deutlich distanzierter. Auf die Corona-Gefahr und die spezielle Situation sind auch sie nicht vorbereitet. „Die Rettungskräfte sind oft die ersten, die mit Infizierten in Kontakt kommen. In vielen Fällen ist aber nicht klar, ob sie es mit Menschen zu tun haben, die mit dem Coronavirus infiziert sind oder nicht. Manche Patienten sagen es nicht oder wissen es selbst nicht“, betont Leonhard. Rettungsschirme für Rettungsfachpersonal

Im Interesse des Rettungspersonals verlangt der Berufsverband DBRD vom Robert-Koch-Institut (RKI) einheitliche Vorgaben: „Sollte es zu einer höheren Belastung für das Rettungsfachpersonal kommen, so sind Zulagen, wie für das Pflegepersonal, mehr als gerechtfertigt und notwendig.“

Ver.di-Vertreterin Leonhardt schlägt konkret vor: „Es muss Rettungsschirme nicht nur für Unternehmen, sondern auch Beschäftigte geben! Die Pandemie darf nicht genutzt werden, um den Gesundheits- und Arbeitsschutz zu verschlechtern. Gerade die Beschäftigten, die jetzt unter schwierigsten Bedingungen die Versorgung aufrechterhalten, müssten geschützt werden.“ Rechtssicherheit für das tagtägliche Tun auch nach der Epidemie Seit dem 28. März ist das „Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ in Kraft getreten. Um die Ärzte in dieser Situation zu entlasten, werden Notfallsanitäter mit zusätzlichen Entscheidungsrechten ausgestattet. Sie können auch ohne die Anwesenheit eines Arztes erforderliche medizinische Maßnahmen durchführen. Unabhängig von der Corona-Panik fordert DBRD-Vorstand König in dieser Angelegenheit endlich Rechtssicherheit für das tagtägliche Tun. „Die Notfallsanitäter und Rettungsassistenten sind die einzigen Berufsgruppen in Deutschland, die ihre berufliche Tätigkeit, wie zum Beispiel bei der Gabe von Notfallmedikamenten, nur im rechtfertigenden Notstand ausführen dürfen. Erst recht dürfen sie keine adäquaten Schmerzmittel geben, da sie dem Betäubungsmittelgesetz unterliegen und der Notfallsanitäter dort keine Berücksichtigung findet.“ Obwohl Notfallsanitäter bestens dafür ausgebildet werden, dürfen sie keine Schmerzmittel verabreichen – so will es der Gesetzgeber. Die Rede ist von sogenannten „invasiven“ Maßnahmen – also die Verabreichung von Medikamenten, Infusionen oder Injektionen. Dagegen erhebt der Ärzteverband Einwände. Nach dessen Ansicht sollen diese Eingriffe dem Ärztepersonal vorbehalten sein.

TRT Deutsch