von Ali Özkök
Der Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat einen Zivilangestellten der Bundeswehr wegen Landesverrat im Dienste Irans zu sechs Jahren und zehn Monaten Haftstrafe verurteilt. Das berichtete die „Süddeutsche Zeitung“ (SZ) am vergangenen Donnerstag.
Die Urteilsverkündung fand am 23. März statt – in einem Fall, bei dem die meisten Akten als „geheim“ eingestuft wurden. Es geht um einen 51-jährigen Mann und seine Ehefrau, die selbst eine Bewährungsstrafe von zehn Monaten erhielt. Der Verurteilte war in seiner fast 20-jährigen Arbeitszeit für die Bundeswehr als Übersetzer sowie „landeskundlicher Berater“ tätig. In seiner Funktion erhielt er auch Zugang zu Geheiminformationen. Schließlich war er beim „Bataillon Elektronische Kampfführung“ (EloKa) tätig, das unter anderem für die elektronische Aufklärung der Bundeswehr bei Auslandseinsätzen tätig ist.
Der Staatsschutzsenat verurteilte den Übersetzer, weil er „Staatsgeheimnisse militärischer Art an Mitarbeiter eines iranischen Nachrichtendienstes weitergegeben“ habe, berichtete das „Bundeswehr-Journal“ Ende März. Laut „SZ“ war er für das „Ministerium für Nachrichtenwesen der Islamischen Republik Iran“ (MOIS) tätig. Dieser Nachrichtendienst fokussiere sich auf zwei Tätigkeiten: das Ausspionieren von Oppositionellen und die Beschaffung relevanter Materialien für den Bau von Atomwaffen.
Militärischer Abschirmdienst legt Falle
Der Tipp, der letztlich zur Entlarvung von Abdul S. führen sollte, kam von einem ausländischen Geheimdienst. Der Hinweis ging direkt an den Militärischen Abschirmdienst (MAD). Die Beschreibung ließ sich mit der Zeit auf den Verdächtigen einschränken. Der MAD nahm seine Ermittlungen auf: Der aus Kabul stammende Abdul S. wurde observiert, seine Kommunikation und Reisebewegungen wurden verfolgt.
Zwischen 2013 und 2017 reiste der Bundeswehr-Übersetzer 19 Mal in Europa. Er traf mindestens acht Mal iranische Agenten – offenbar auch seinen Führungsoffizier. Dabei soll es zur Übergabe von sensiblen Bundeswehr-Informationen gekommen sein. Es ging um Lagepläne der Bundeswehr über militärische Situationen sowie Analysen des Verteidigungsministeriums, erklärte der Senat.
Mit einer fingierten Meldung, dass ein iranisches Konsulat im Nahen Osten gefährdet wäre, konnte der MAD dem Agenten eine Falle stellen und ihn aus der Reserve locken. Endgültigen Aufschluss brachte eine sichergestellte Computerfestplatte, die vom Bundeskriminalamt nach wochenlanger Arbeit wiederhergestellt werden konnte und von einem Mitarbeiter des Bundesverteidigungsministeriums analysiert wurde.
Nachdem sich die Generalbundesanwaltschaft 2018 einschaltete, stellte das Bundeskriminalamt bei Hausdurchsuchungen weitere Beweise sicher. Für seinen Dienst als Agent soll Abdul S. eine Geldsumme von mindestens 34.500 Euro entgegengenommen haben.
Unter Sicherheitsbehörden, so „SZ“, wird die Verurteilung als Erfolg gewertet. Schließlich sei damit die Zerschlagung einer „hochwertigen Operation“ des iranischen Geheimdienstes gelungen. Bislang konnte jedoch nicht zweifelsfrei geklärt werden, aus welchen Motiven heraus Abdul S. genau gehandelt hat.