Kempten: Polizei ignorierte 30 Jahre rechtsextremes Bekennerschreiben (Symbolbild) (dpa)
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Die Generalstaatsanwaltschaft München hat einen ungeklärten Brandanschlag von vor dreißig Jahren neu aufgerollt.

Unbekannte hatten1990 einen Brandanschlag auf ein Wohnhaus im allgäuischen Kempten verübt. Dabei war ein fünfjähriger Junge einer türkischstämmigen Familie ums Leben gekommen.

Nach Recherchen von „Tagesspiegel“ und „Zeit Online“ hatte es damals ein Bekennerschreiben von Rechtsextremisten gegeben. Die Behörden hätten offenbar drei Jahrzehnte lang das Bekenntnis ignoriert. Nun schließt die Generalstaatsanwaltschaft München ein „extremistisches Tatmotiv“ nicht aus und ermittelt.

Nur wenige Tage nach dem Anschlag habe eine Gruppe namens „Anti Kanaken Front Kempten“ ein Bekennerschreiben verbreitet. In Runenschrift verfasst und mit Hakenkreuz beschmiert, hätten die Rechtsextremen geschrieben, der „sehr erfolgreiche Anschlag“ sei „erst der Anfang“. Zudem sollen sie gedroht haben: „Wir werden nicht ruhen, bis Kempten von allen undeutschen Kreaturen befreit ist.“ Kempten werde die „erste Stadt sein“, die „nicht von Schwulen, Linken, Ausländern und anderen Schweinen geplagt“ werde.

Tat nicht als rassistische Gewalt von Neonazi-Skinheads bezeichnet

Trotz der klaren Worte hätte das Schreiben keinen Einfluss auf die Ermittlungen gehabt. Auch in den Orten Kaufbeuren und Immenstadt seien nach der Tat in Kempten Brandanschläge verübt worden. Die Taten, die Motive und das Ausmaß der rassistischen Gewalt von Neonazi-Skinheads seien vom damaligen Kemptener Polizeipräsidenten nicht als solches benannt worden. Die Anschläge seien zwar im bayerischen Verfassungsschutzbericht erwähnt worden. In der Öffentlichkeit jedoch hätte die rechtsextremistische Serie kaum Beachtung gefunden, so der „Tagesspiegel“-Bericht.


Auf Nachfrage von „Tagesspiegel“ und „Zeit Online“ im September 2020 habe die Staatsanwaltschaft Kempten die alten Akten geprüft und sei dabei auf das neonazistische Bekennerschreiben gestoßen. Schon 1990 habe die Behörde den „Urheber des Schreibens im rechtsradikalen oder -extremen Bereich vermutet“, aber niemanden ermitteln können. Inzwischen habe die Generalstaatsanwaltschaft in München den Fall übernommen. Ermittelt werde wegen des Verdachts auf Mord.






TRT Deutsch