14.10.2020, Berlin: Zwei Polizisten kontrollieren im Stadtteil Friedrichshain die Einhaltung der Sperrstunde. Wegen der Corona-Pandemie gelten eine nächtliche Sperrstunde und strengere Kontaktverbote für drinnen und draußen. Die meisten Geschäfte sowie alle Restaurants und Bars müssen von 23.00 Uhr bis 06.00 Uhr schließen. (dpa)
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Nach nur einer Woche ist die Sperrstunde in Berlin womöglich vorerst wieder Geschichte. Das Verwaltungsgericht der Stadt erklärte am Freitag, die Sperrstunde halte einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Elf Gastronomen hatten sich dagegen gewandt und bekamen Recht. Sie dürfen nach dem Beschluss nun auch nach 23.00 Uhr öffnen, jedoch weiterhin ab diesem Zeitpunkt keinen Alkohol mehr ausschenken, wie ein Gerichtssprecher am Freitag sagte.
Ob dies eingehalten wird, müssen nun die Behörden der Hauptstadt kontrollieren. Es ist zu erwarten, dass sich weitere Gastronomen auf den Beschluss berufen und länger öffnen.
Die Sperrstunde zwischen 23.00 Uhr und 6.00 Uhr galt seit vergangenem Samstag für Restaurants, Bars, Kneipen und die meisten Geschäfte. Der Senat hatte damit auf die deutlich gestiegenen Infektionszahlen reagiert.
Dabei hatten sich Bund und Länder Berlin erst in dieser Woche zum Vorbild genommen: Sie vereinbarten am Mittwoch, dass es in Corona-Hotspots künftig generell eine Sperrstunde um 23.00 Uhr in der Gastronomie geben solle. Dies soll ab 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in einer Woche gelten.
Es sei nicht ersichtlich, dass die Sperrstunde für eine nennenswerte Bekämpfung des Infektionsgeschehens erforderlich sei, begründete indes das Berliner Gericht seinen Beschluss. Es bezog sich auf das Robert Koch-Institut. Beobachtet worden seien demnach Fallhäufungen bei Feiern im Familien- und Freundeskreis, in Einrichtungen wie etwa Alten- und Pflegeheimen, Krankenhäusern und in Verbindung mit religiösen Veranstaltungen sowie Reisen.
„Auch die Gefahr einer alkoholbedingten ‚Enthemmung‘ nach 23.00 Uhr bestehe nicht“, zitiert eine Gerichtsmitteilung den Beschluss. Gastwirte könne nicht pauschal unterstellt werden, dass sie die Vorgaben nicht einhielten. „Allein die bessere Kontrollmöglichkeit einer Sperrstunde könne daher hier nicht zur Rechtfertigung der Maßnahme herangezogen werden.“
Weil das Infektionsumfeld Gaststätte eine untergeordnete Bedeutung habe, sei die Sperrstunde zudem ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Berufsfreiheit. Gegen den Beschluss ist eine Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg möglich.
Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) sagte: „Mit dem Urteil bleibt das Alkoholverbot bestehen, das ist eine wichtige Botschaft. Wie wir weiter vorgehen, prüfen wir noch.“
Nach Angaben von Rechtsanwalt Niko Härting hatten die Bar- und Clubbesitzer in ihren Anträgen die Sperrstunde als unverhältnismäßig kritisiert. Aus ihrer Sicht gab es keine überzeugende Begründung dafür. Die Sperrstunde führe dazu, dass sich junge Menschen dann an anderen Orten träfen, für die keine Hygienekonzepte gelten.

dpa