Olaf Scholz. (Others)
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Bei der Europawahl hat die Regierungskoalition herbe Verluste einstecken müssen. Die regierende SPD unter Kanzler Olaf Scholz erzielte mit 13,9 Prozent das schlechteste Ergebnis in seiner gesamten Nachkriegsgeschichte.

Vor diesem Hintergrund fordert die Opposition, auch in Gestalt der rechtspopulistischen AfD, die mit 15,9 Prozent der Stimmen den zweiten Platz bei der Wahl belegte, die Auflösung des Bundestags. Sie argumentiert, dass die Wähler gegen den Kanzler und seine Koalition gestimmt hätten. Die Regierung weigert sich jedoch, dem Beispiel des französischen Präsidenten Emmanuel Macron zu folgen und vorgezogene Wahlen abzuhalten.

Haushaltskrise findet kein Ende

Ein wesentlicher Streitpunkt der Ampel-Koalition ist der Haushalt. Die Regierung muss aktuell das Budget für das nächste Jahr festlegen. Um das Haushaltsloch zu stopfen, fehlen jedoch zwischen 25 und 50 Milliarden Euro, sodass entweder gespart oder ausgeglichen werden muss.

Innerhalb der Ampel-Koalition finden derzeit Verhandlungen darüber statt. Schon jetzt ist klar, dass das Vorhaben schwierig sein wird, da sich die Positionen der drei Parteien stark unterscheiden.

Die FDP unter Führung von Finanzministers Christian Lindner schlägt vor, die Ausgaben von fünf Ministerien zu kürzen, weshalb die Ressorts mit ihm im Streit liegen.

Olaf Scholz / Foto: AP (AP)

Lindner schlägt vor, das Budget des Außenministeriums von 6,7 Milliarden auf 5,1 Milliarden Euro zu kürzen. Außenministerin Annalena Baerbock hingegen will 7,4 Milliarden Euro erhalten und weist hierbei auf ihre Auslandsmissionen hin.

Ein ähnlicher Streit herrscht auch mit dem Verteidigungsministerium, wo Minister Boris Pistorius bereits einen Sonderfonds in Höhe von 100 Milliarden Euro erhalten hat. Das Ministerium fordert jedoch weitere 6,5 Milliarden Euro für das kommende Jahr.

Die Kürzungspläne der FDP betreffen auch das Verkehrsministerium, das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie das Ministerium für Arbeit und Soziales.

Die Bundesregierung will den Haushaltsplan für das nächste Jahr in den nächsten zwei Wochen vorstellen. Die Regierung muss sich beeilen, da am 9. Juli der NATO-Gipfel stattfindet, auf dem Deutschland seine Ausgabenpläne vorlegen muss. Zudem verabschieden sich die Abgeordneten des Bundestages vom 6. Juli bis zum 9. September in die Sommerpause. Doch das Dokument muss vorher dort abgestimmt werden. Daher muss das Kabinett bis zum 3. Juli eine Einigung über den Bundeshaushalt erzielen.

Grüne verlieren an Boden

Die CDU/CSU-Fraktion ist zuversichtlich, dass die derzeitige Regierungskonstellation nach der Bundestagswahl 2025 keine Zukunft mehr hat. Nach Ansicht des CSU-Chefs Markus Söder haben die deutschen Wähler die Ampel „abgestraft”.

Doch die Union allein könnte nach derzeitigem Trend bei der nächsten Bundestagswahl lediglich 30 Prozent der Stimmen erhalten, was jedoch nicht reicht, um die Regierung zu stellen.

In einigen Landesregierungen arbeitet die CDU mit den Grünen zusammen, wenn auch nicht ohne Probleme. Auf Bundesebene wäre eine solche Zusammenarbeit jedoch schwierig. Zudem erzielten die Grünen bei der Europawahl mit 11,9 Prozent ein enttäuschendes Ergebnis: 8 Prozent weniger als bei den vorherigen Wahlen im Jahr 2019. Damals zogen die Grünen mit ihrem Programm junge Wähler an. Doch der Rechtsruck im Land führte auch hier zu einem Wählerschwund.

Der Stimmverlust ist auch damit zu begründen, dass das Leben in Deutschland teurer wird und viele Wähler das Programm und die Ideen der Grünen dafür verantwortlich machen. Hinzu kommen immer wieder aufflammende Skandale im Zusammenhang mit Vetternwirtschaft – etwa im Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz von Robert Habeck. Sein Staatssekretär Patrick Graichen soll seinen Verwandten und Freunden attraktive Positionen verschafft haben.

Zudem sollen Habeck unterstehende Angestellte von Institutionen Manipulationen zur Umsetzung grüner Projekte vorgenommen haben. Es geht vor allem um die Verfälschung von Daten über die Atomkraftindustrie in Deutschland – was zur vorgezogenen Abschaltung noch in Betrieb befindlicher Atomkraftwerke und zur drastischen Verteuerung des Stroms führte.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock lehnt Haushaltskürzungen ab. (Reuters)

Indes suchen auch die Sozialdemokraten intensiv nach den Gründen für ihr Scheitern, während die Popularität von Kanzler Scholz weiter sinkt – auch in der Partei. Trotz der Unbeliebtheit der Sozialdemokraten erwägt die Union eine künftige Koalitionsbildung mit der SPD. In der CSU gibt es bereits entsprechende Aussagen.

Die Christdemokraten haben eine Chance

Alena Lisenkova, Politologin und Dozentin an der russischen RANEPA-Akademie, ist der Ansicht, dass die Krise der Ampel-Koalition zu erwarten gewesen sei. Bereits bei der Regierungsbildung habe es Probleme gegeben.

„Laut Pollytix-Umfragen gehören zu den Schwächen der Koalition Uneinigkeit, ineffiziente Entscheidungsfindung und Unfähigkeit, Kompromisse einzugehen“, so Lisenkova. Der Nutznießer seien die Christdemokraten. Das habe sich im Vorfeld der Bundestagswahl 2025 gezeigt.

„Ein Jahr vor den Wahlen deutet alles darauf hin, dass sie mit hoher Wahrscheinlichkeit an die Spitze zurückkehren werden. Die Ergebnisse der Europawahl in Deutschland haben das hohe Maß an Unzufriedenheit der Bürger mit der Politik der Ampel-Koalition gezeigt, während (…) die CDU/CSU-Fraktion, nicht nur die Wahl gewonnen hat, sondern auch mit Blick auf die bevorstehende Bundestagswahl 2025 erneut lautstark auf sich aufmerksam gemacht hat“, fasst die Expertin zusammen.

TRT Deutsch