Die Bundesregierung hat in der Nacht zum Donnerstag acht deutsche mutmaßliche Daesh-Anhängerinnen sowie deren insgesamt 23 Kinder aus dem Nordosten Syriens nach Deutschland geholt. Die Frauen sollen vor einiger Zeit in die Region gereist sein, um sich der Terrormiliz Daesh anzuschließen. Sie sollen zuletzt in Lagern gelebt haben, die von der Terrororganisation YPG/PKK kontrolliert wird. Nach ihrer Ankunft wurden einige der Frauen noch am Flughafen Frankfurt am Main verhaftet. Bis Donnerstagnachmittag wurden drei der Haftbefehle in Vollzug gesetzt.
Kritiker hatten der deutschen Regierung unter anderem vorgeworfen, die schweren Menschenrechtsverletzungen gegen Frauen von mutmaßlichen Daesh-Kämpfern und ihren Kindern in den syrischen YPG/PKK-Lagern zu ignorieren. Wie jüngst die Organisation Save the Children mitteilte, sind in diesem Jahr bisher 62 Kinder in den YPG-Flüchtlingslagern Al-Roj und Al-Hol an Gewalt, Krankheiten und Unfällen gestorben.
Demnach leben insgesamt 40.000 Kinder aus 60 verschiedenen Ländern unter katastrophalen Bedingungen in den Lagern. „Viele der reichsten Länder der Welt haben es versäumt, die meisten ihrer Kinder, die in den beiden Flüchtlingslagern festsitzen, nach Hause zu bringen“, kritisierte die Organisation die Zustände. Darunter seien auch Kinder von Eltern aus Europa.
Der Nahost-Regionaldirektor des Roten Kreuzes, Fabrizio Carboni, hatte ebenfalls scharfe Kritik an den Zuständen an den YPG-Lagern geäußert. Dort seien hunderte Kinder unter menschenrechtswidrigen Bedingungen eingesperrt, so Carboni.
Gemeinsame Rückholaktion mit Dänemark
Wie Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) in Berlin mitteilte, organisierte Deutschland die Rückholung gemeinsam mit Dänemark, das 14 Kinder und drei Frauen aus Syrien zurückholte. Die USA leisteten demnach logistische Unterstützung. „Die Kinder trifft keine Schuld an ihrer Lage“, hob Maas in der Mitteilung hervor. Sie seien unverschuldet in eine Notlage geraten. Es sei daher „richtig, dass wir alles dafür tun, ihnen ein Leben in Sicherheit und einem guten Umfeld zu ermöglichen“.
Bei den zurückgeholten deutschen Kindern handelt es sich nach Angaben des Auswärtigen Amts um Fälle, die als besonders schutzbedürftig eingestuft worden seien. Es seien Kinder mit Erkrankungen oder mit Sorgeberechtigten in Deutschland, sowie deren Geschwister und Mütter.
Zuerst hatte die „Bild“-Zeitung über die Rückholaktion berichtet. Demnach war am Mittwochmorgen ein Team des Auswärtigen Amts und des Bundeskriminalamts an Bord einer US-Militärmaschine auf einer Luftwaffenbasis im Norden Syriens gelandet. Von dort hätten die Beamten die bislang größte Rückführung von Deutschen aus Syrien gestartet.
Drei Frauen nach Ankunft festgenommen
Drei der Frauen wurden noch am Flughafen aufgrund von Haftbefehlen des Ermittlungsrichters beim Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe festgenommen. Am Donnerstag setzte der Ermittlungsrichter die Haftbefehle in Vollzug. Den Tatverdächtigen Solale M., Romiena S. und Verena M. wird Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland, Entziehung Minderjähriger mit Gefährdung sowie Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht vorgeworfen, wie die Bundesanwaltschaft mitteilte.
Alle drei sollen zwischen 2014 und 2015 mit ihren Kindern zumeist gegen den Willen der leiblichen Väter nach Syrien beziehungsweise in den Irak gereist sein, um sich dem Daesh anzuschließen.