Barley: EU-Atombombe „kann Thema werden“ / Photo: DPA (dpa)
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Die SPD-Spitzenkandidatin für die Europawahl, Katarina Barley, bezweifelt, dass Europa durch den US-Atomschirm geschützt ist. „Angesichts der jüngsten Äußerungen von Donald Trump ist darauf kein Verlass mehr", sagte Barley dem „Tagesspiegel“ vom Dienstag. Auf die Frage, ob die EU eigene Atombomben brauche, antwortete die SPD-Politikerin: „Auf dem Weg zu einer europäischen Armee kann also auch das ein Thema werden." Widerspruch kam von der Linkspartei, die eine Deeskalationspolitik forderte.

Derzeit liege die nukleare Abschreckung für Europa bei der Nato, sagte Barley. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg habe richtig bemerkt, dass es weiter im Interesse der USA liege, „diese maßgeblich bereitzustellen“.

Sollten die USA als Waffenlieferant der Ukraine künftig ganz ausfallen, sieht Barley Europa in der Pflicht. „Sollte das wirklich passieren, wird Europa diese Verantwortung übernehmen müssen“, sagte sie. „Wir müssen Putins Drohungen ernst nehmen, uns entsprechend verhalten. Wenn Putin öffentlich die territoriale Integrität Polens und Litauens bezweifelt, zeigt das, wie wachsam wir sein müssen."

Donald Trump (DPA)

Trump hatte am Samstag bei einer Kundgebung gesagt, er würde Nato-Ländern bei einem Angriff nicht zu Hilfe kommen, die nicht genug für Verteidigung ausgäben. Er würde dann Russland sogar ermutigen mit ihnen zu tun, „was immer sie wollen“.

Linken-Chef Marin Schirdewan warf der SPD „Säbelrasseln“ vor. „Die richtige Antwort auf Trumps Unsinn ist nicht atomare Aufrüstung, sondern eine Politik der Deeskalation und zivilen Konfliktlösung", sagte Schirdewan, der Linken-Spitzenkandidat für die Europawahl ist, der Nachrichtenagentur AFP. „Es wäre vernünftiger eine EU zu haben, die sich grenzübergreifend zu einer Politik des Ausgleichs, der Abrüstung und sozialer Gerechtigkeit verpflichtet."

„Mehr Atombomben machen die Welt nicht sicherer", betonte Schirdewan. „Im Gegenteil, mit allen Atombomben, die es derzeit gibt, kann man die Welt mehr als 50-mal auslöschen." Statt „über mehr Atombomben nachzudenken, sollte Deutschland unter einer SPD-Regierung nun endlich den Atomwaffenverbotsvertrag unterzeichnen“, forderte der Linken-Chef.

Heusgen nicht überrascht von Trump-Drohungen

Der Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, hält die Drohungen des republikanischen US-Präsidentschaftsbewerbers Trump gegen Nato-Verbündete für nicht überraschend. Trump habe seine schon 2017 als US-Präsident erhobene Forderung an die Bündnispartner nach einer Erhöhung der Verteidigungsausgaben „jetzt auf die ihm eigene Art nochmal betont“, sagte Heusgen am Montag in Berlin.

Die „erratischen Äußerungen“ Trumps seien ja bekannt. „Er ist so, wie er ist“, sagte Heusgen wenige Tage vor Beginn der Münchner Sicherheitskonferenz. Seit Beginn der Präsidentschaft Trumps von 2017 bis 2021 sei klar, dass Europa sich mehr um seine eigene Sicherheit kümmern müsse. Dazu gehöre zum Beispiel auch die nukleare Abschreckung. Der französische Präsident Emmanuel Macron hat den EU-Partnern dazu Gespräche angeboten, ist damit aber gerade in Deutschland bisher auf keine positive Resonanz gestoßen.

Scholz setzt weiter auf US-Atomwaffen

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) machte dagegen deutlich, dass er auf das bestehende System der nuklearen Abschreckung der Nato setzt, dass auf den US-Atomwaffen basiert. „Wir haben eine funktionierende Nato, eine sehr gute transatlantische Partnerschaft. Dazu gehört auch das, was wir an nuklearer Zusammenarbeit entwickelt haben“, sagte er am Montag auf einer Pressekonferenz mit Tusk. Er verwies darauf, dass Deutschland an der sogenannten nuklearen Teilhabe der Nato beteiligt ist. Das bedeutet, dass US-Atomwaffen in Deutschland stationiert sind und die Bundeswehr Kampfjets bereitstellt, um sie im Ernstfall einzusetzen.

Die Diskussion über eine eigene europäische nukleare Abschreckung hatte Scholz bereits im Januar mit deutlichen Worten abgelehnt. „Ich weiß nicht, was diese Diskussion heute soll“, sagte er der „Zeit“. Er halte die nukleare Teilhabe mit den USA „für den realistischeren Weg“.

Agenturen