Zum Ende des sogenannten Ibiza-Untersuchungsausschusses in Österreich haben die mitregierenden Grünen die konservative Kanzlerpartei ÖVP scharf angegriffen. Es sei aufgedeckt worden, wie die frühere Regierung von ÖVP und rechter FPÖ versucht habe, „heimlich, still und leise“ die Republik zugunsten ihrer Freunde umzubauen, sagte die Grünen-Abgeordnete Nina Tomaselli.
Auch wenn die Arbeit des Ausschusses nun zu Ende sei, könnten Oppositionsparteien im Herbst Untersuchungen zu weiteren Themen in Gang bringen. „Ich glaube, es gäbe noch genug aufzuarbeiten“, meinte sie in Hinblick auf den Wirecard-Skandal. Die österreichischen Manager des insolventen Finanzdienstleisters unterhielten Beziehungen zu FPÖ- und ÖVP-Politikern - und offenbar auch zum Inlandsgeheimdienst.
Ermittelt die Justiz gänzlich unparteiisch? Der Ibiza-Ausschuss ging dem Verdacht nach, dass die von 2017 bis 2019 regierende ÖVP-FPÖ-Koalition käuflich gewesen sein könnte. Auslöser der Untersuchung war das 2017 heimlich aufgenommene und in stark zurechtgeschnittener Fassung 2019 veröffentlichte Ibiza-Video, das zum Bruch des Bündnisses geführt hatte. In den gezeigten Sequenzen des Videos wirkte der damalige Vizekanzler unfd FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache anfällig für Korruption. Er bestreitet die Vorwürfe, eine Vollfassung des Videos relativiert diese.
Das Gremium hat seit mehr als einem Jahr 120 Personen, darunter Millionäre und Milliardäre, befragt. Außerdem wurden 1,2 Millionen Seiten Akten gesichtet. In den nächsten Wochen werden die Abschlussberichte der Fraktionen geschrieben. Offizielles Ende des Ausschusses ist der 22. September. Der Untersuchungsausschuss hatte zu Spannungen zwischen den Grünen und der Partei von Kanzler Sebastian Kurz geführt. Die ÖVP verärgerte die Ökosozialisten, indem sie wiederholt infrage stellte, dass alle Teile der Justiz im Zuge der Ibiza-Affäre unparteiisch agierten. Staatsanwälte ermitteln unter anderem gegen Kurz wegen einer angeblichen falschen Zeugenaussage.
ÖVP: „Unterstellungsausschuss“ ohne inhaltlichen Erkenntnisgewinn Die Parteien zogen am Donnerstag unterschiedliche Bilanz. Für die sozialdemokratische SPÖ wies der Abgeordnete Jan Krainer darauf hin, dass die Arbeit des Ausschusses „in beispielloser Weise durch die ÖVP behindert“ worden sei. Die FPÖ sieht wie auch die anderen Oppositionsparteien Bedarf für weitere parlamentarische Aufklärung.
Die ÖVP betonte, es habe niemals einen Zusammenhang zwischen einem Gesetz und einer Parteispende gegeben. „Der Untersuchungsausschuss war eigentlich ein Unterstellungsausschuss“, so der ÖVP-Abgeordnete Andreas Hanger. „Inhaltlich sehen wir keinen Erkenntnisgewinn.“
Der Ausschuss sei in seiner Suche nach unzulässiger Nähe zwischen Unternehmen und Politik äußerst erfolgreich gewesen, meinte hingegen Tomaselli. Sie gehe davon aus, dass ein „Selbstreinigungsprozess“ in Gang gesetzt wurde. „Am Ende des Ausschusses wird die Republik ein Stück weit sauberer sei“, so die Grünen-Politikerin.