Schwere Niederlage für die französische Regierung: Die Nationalversammlung in Paris hat den Entwurf für ein umstrittenes Einwanderungsgesetz vorerst zurückgewiesen. Ein entsprechender Antrag der Grünen wurde am Montag mit knapper Mehrheit und mit Unterstützung der Linken, der Rechten und der Rechtspopulisten angenommen. Innenminister Gérald Darmanin bot laut Elysée-Palast daraufhin seinen Rücktritt an, den Präsident Emmanuel Macron jedoch ablehnte.
Im Sender TF1 räumte Darmanin eine Schlappe ein: „Es ist natürlich eine Niederlage, weil ich den Polizisten, Gendarmen, Präfekten und Richtern Mittel zur Bekämpfung der irregulären Einwanderung zur Verfügung stellen will“, sagte er. Der Gesetzestext werde seinen institutionellen Weg fortsetzen, betonte Darmanin. Dafür nannte er drei Optionen: einen Stopp des Gesetzentwurfs, eine neue Lesung im Senat oder die Überweisung an einen Ausschuss beider Parlamentskammern.
Innenminister Darmains Rücktritt gefordert
Die Linken und die rechtspopulistische Partei Rassemblement National (RN) begrüßten die Zurückweisung des Gesetzentwurfs. RN-Politikerin Marine Le Pen zeigte sich „entzückt“ über das Ergebnis. Abgeordnete aus dem linken Spektrum forderten Darmanin zum Rücktritt auf.
Der Innenminister hatte darauf gesetzt, vor allem mit den Rechten einen Weg zu finden, das Gesetz durch die Nationalversammlung zu bringen. Der Entwurf war zuvor vom Senat in einer stark verschärften Version verabschiedet worden.
Das Einwanderungsgesetz sollte ursprünglich sowohl die Integration von Einwanderern fördern als auch das Abschieben erleichtern. Später wurde der Fokus aus Sicht von Beobachtern jedoch deutlich auf eine Verschärfung gelegt. So sind unter anderem Maßnahmen vorgesehen, um straffällige Ausländer leichter abschieben zu können.
Linker Parteiflügel kritisierte Gesetzestext
Darmanin hatte sich mit dem verschärften Text zufrieden gezeigt. Da das Regierungslager keine absolute Mehrheit hat, war es auf Stimmen der Rechtskonservativen angewiesen. Der verschärfte Text hatte aber auch intern Kritik beim linken Parteiflügel ausgelöst.
Nach der Abstimmung in der Nationalversammlung riefen die drei Fraktionen des Präsidentenlagers (Renaissance, MoDem, Horizons) dazu auf, den abgelehnten Entwurf für das Einwanderungsgesetz nicht zurückzuziehen, sondern den Gesetzgebungsprozess „so schnell wie möglich“ fortzusetzen. „Dieser Text ist notwendig und wird von den Franzosen erwartet“, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung.
Es war bereits der zweite Anlauf der Regierung, den Gesetzentwurf zur Verabschiedung zu bringen. Im März hatte Premierministerin Elisabeth Borne eingeräumt, dass sich keine Mehrheit abzeichne.
Premierministerin Borne hat bereits erkennen lassen, dass sie nicht den Verfassungsparagrafen 49.3 nutzen will, mit dem das Gesetz ohne abschließende Abstimmung der Abgeordneten verabschiedet werden könnte. Einen daran anschließenden Misstrauensantrag würde die Regierung wohl überstehen, dabei aber einen Imageschaden in Kauf nehmen. Für Macron ist die Reform des Einwanderungsrechts das zweite große Reformprojekt nach der Rentenreform.