11.08.2021, Hessen, Frankfurt/Main: Armin Laschet (CDU), Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen und Kanzlerkandidat der CDU, boxt bei einem Besuch im Boxcamp Gallus gegen einen Trainer. (dpa)
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Triell bringt Laschet nicht die erhoffte Wende

Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet hat es nicht leicht in den letzten Wochen. Nein. Nicht nur die Umfragewerte der CDU/CSU befinden sich im Sturzflug, sondern auch die persönlichen Beliebtheitswerte des Kanzlerkandidaten sind im Keller. Selbst das sogenannte Triell, also der Dreikampf vor den Fernsehkameras, brachte nicht die fest erhoffte Wende. Laut einer Forsa-Umfrage unter 2.500 Zuschauern, die direkt nach dem TV-Auftritt durchgeführt wurde, ging Armin Laschet als klarer Verlierer hervor. Er konnte laut Ergebnis des Instituts Forsa nur 25 Prozent der Teilnehmer überzeugen. Die Kanzlerkandidatin der Grünen, Annalena Baerbock, stellte dagegen 30 Prozent der Befragten zufrieden. SPD-Kandidat Olaf Scholz kam auf stolze 36 Prozent.

Laschets Werte sinken weiter

So konnte sich der Trend der letzten Wochen weiter fortsetzen: Beispielsweise bei der Frage, wen sich die Bürger als Kanzler wünschen, kommt Laschet nicht gut weg. Würde der Kanzler nicht durch den deutschen Bundestag, sondern vom Wahlvolk bestimmt, käme laut einer Umfrage von Ende August Olaf Scholz auf 30 Prozent und Annalena Baerbock auf 15 Prozent. Armin Laschet dagegen würden lediglich 11 Prozent der Befragten wählen. Noch schlimmer sieht es für den Kanzlerkandidaten der Union aus, wenn nach der Eignung des künftigen Regierungschefs gefragt wird. Auch hierzu gibt es eine aktuelle Umfrage: Etwa 65 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass Olaf Scholz sich als nächster Bundeskanzler eignen würde. Immerhin belegt Armin Laschet bei dieser Frage, auch wenn nur sehr knapp, den zweiten Platz. Ihn halten 25 Prozent der Studienteilnehmer geeignet für das Amt des künftigen Kanzlers. Ende Juli lag der Wert noch bei 35 Prozent. Für Annalena Baerbock sprechen sich 22 Prozent der Befragten aus. Überdies ist auffällig, dass die Wahrscheinlichkeitswerte für eine Kanzlerschaft von Laschet seit Anfang August regelrecht abstürzen. Zugleich steigen die Werte des SPD-Kandidaten Scholz. Beide Bewerber haben derzeit ähnliche Chancen auf die nächste Kanzlerschaft. Annalena Baerbock werden hingegen nur noch wenig Möglichkeiten eingeräumt, Regierungschefin einer von den Grünen geführten Bundesregierung zu werden.

Historisch schlechte Umfrageergebnisse

Ist hiermit die Talsohle für Armin Laschet erreicht? Diese Frage kann zumindest für den Moment verneint werden. Denn Tag für Tag erreichen neue Hiobsbotschaften das Konrad-Adenauer-Haus. Die jüngste Umfrage des Insa-Instituts dürfte der Union schlaflose Nächte bereiten: Dort liegt die CDU/CSU nur noch bei 20 Prozent, was einen Rückgang von drei Punkten zur Vorwoche bedeutet. Die SPD kommt dagegen auf 25 Prozent, zwei Punkte mehr als vor einer Woche. Die Grünen verlieren 0,5 Prozent zur Vorwoche und befinden sich bei 16,5 Prozent. Das Ergebnis der Union ist das schlechteste, das sie je in einer Umfrage erzielt hat. Das dürfte den enormen Druck auf Armin Laschet weiter intensivieren. Auch wenn Laschet krampfhaft den Eindruck zu erwecken sucht, dass er mit dem Triell eine Wende herbeigeführt habe. Das sehen die Wähler anscheinend nicht so. Auch in der aktuellen Forsa-Umfrage liegt die Union (21 Prozent) wie schon letzte Woche hinter der SPD (23 Prozent). Die Grünen verteidigen ihre 18 Prozent aus der Vorwoche. Die aktuellen Werte des Instituts Ipsos bestätigen den Abwärtstrend. Angesichts der historisch schlechten Umfrageergebnisse sind in der Union in den kommenden Tagen unruhige Diskussionen vorprogrammiert.

Laschets Sorgen

Armin Laschet kommt nur schwer aus dem Umfragetief: Nachdem ihm auch parteiintern Schlafwagen-Wahlkampf vorgeworfen wurde, kommt er auch mit seiner neuen Strategie, aggressiver gegen die Konkurrenz vorzugehen, nicht weit. Seine Attacken gegen die Rivalen führen ins Leere, sodass die Offensive des Kanzlerkandidaten verpufft. Auch die Vorstellung des neuen Kompetenzteams, das den nötigen Schwung in den Wahlkampf bringen soll und das Laschet als Team für den Bereich Klimapolitik sowie erneuerbare Energien vorstellte, wird voraussichtlich nicht die Wende bringen. Dieser Punkt zählt schon seit Jahrzehnten zu den Kernthemen grüner Politik. Es sollte nicht unterschätzt werden, dass das Wahlvolk die Eigenschaft besitzt, das Original immer der Kopie vorzuziehen. Der Zwist innerhalb der Schwesterparteien ist jedoch auch alles andere als förderlich für die Umfragen. Allerdings schiebt Markus Söder den Schwarzen Peter einfach der CDU zu und macht sie für die schlechten Umfragewerte verantwortlich.

Eine weitere Sorge für Laschet besteht darin, dass die Unionsanhänger den Glauben an ihren Kandidaten verloren haben: Der amtierende NRW-Ministerpräsident ist in der eigenen Partei nicht mehr als Kanzlerkandidat erwünscht. Einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey zufolge wünschen sich 70 Prozent der Befragten einen Wechsel des Kandidaten. Sie möchten lieber den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder an der Stelle von Laschet sehen. Außerdem: Nur noch jeder Zweite (49 Prozent), der 2017 CDU oder CSU gewählt hat, möchte dies am 26. September wieder tun. Vor ein paar Wochen hätten die wenigsten auf Olaf Scholz gesetzt. Aber Laschet hat sich zu viele Fehler geleistet. Besonders der Lacher des Kanzlerkandidaten bei den Flutopfern hat ihn Sympathien gekostet. Obwohl er sich mehrmals für sein Verhalten – auch schriftlich – entschuldigte, könnte ihn dieser Patzer wichtige Stimmen kosten. In Zeiten sozialer Medien hat sich das Video mit dem Lacher wie ein Lauffeuer verbreitet. Auf der anderen Seite wäre es auch schlimm, wenn jemand nur Kanzler werden könnte, weil er nicht gelacht, abgeschrieben oder an seinem Lebenslauf gepfuscht hat, kurz: nicht aufgefallen ist.

Wahrnehmbar ist zudem, wie zurückhaltend Angela Merkel im Wahlkampf agiert. Ihr Handeln hat fast schon präsidiale Züge der Neutralität. Wenn der Kanzlerin etwas daran liegt, dass ihre Partei nicht nur an der Regierung bleibt, sondern auch den künftigen Kanzler stellt, muss sie entsprechend aktiver werden und ihrem potentiellen Nachfolger beistehen. Die Kanzlerin muss ihre Reserviertheit ablegen und in den Wahlkampf eingreifen.

SPD oder CDU? Vielen ist das egal

Die zwischenzeitliche Begeisterung um Annalena Baerbock und ihre Partei auf der einen Seite und der von vielen nicht mehr für möglich gehaltene Durchbruch der SPD auf der anderen Seite demonstrieren deutlich, wie unvorhersehbar und schwankend die Situation während dieses Bundestagswahlkampfs ist. Manchem Wähler scheint es zudem egal zu sein, ob der künftige Kanzler Laschet oder Scholz heißt. Denn nicht nur die Anhänger und Wähler der CDU und SPD haben sich in den letzten Jahren immer mehr angeglichen. Auch die Parteien haben sich in vielen Punkten angenähert und an Profil verloren. Ob das eine Folge der großen Koalitionen war oder ob es am Regierungsstil der amtierenden Kanzlerin Angela Merkel lag, darüber kann man diskutieren.

Wahlumfragen sind nur Momentaufnahmen

Es sind noch drei Wochen bis zur Bundestagswahl, und in der Union wächst die Nervosität. Ob es den Schwesterparteien noch gelingen wird, das Ruder herumzureißen? Schon jetzt erinnert der diesjährige Wahlkampf an eine Achterbahnfahrt, die kein Ende findet. Aber es kann noch sehr viel passieren bis zum Wahltag, an dem kein Alleinherrscher, sondern Parteien und der Bundestag gewählt werden. Zudem ist es gut zu wissen, dass Wahlumfragen immer nur Momentaufnahmen sind und immer nur das Meinungsbild zum Zeitpunkt der Befragung abbilden. Sie sind keine Wahlprognosen und daher auch nicht besonders sicher, weil sich immer mehr Wähler erst kurz vor der Wahl oder am Wahltag dazu entscheiden, wo sie ihr Kreuz machen wollen.

Die Union muss sich geschlossen hinter ihren Kanzlerkandidaten stellen, um die Wahlen zu gewinnen. Sie muss zeigen, dass sie bessere Angebote als die Konkurrenz vorzuweisen hat und muss die Menschen von sich und ihren Ideen überzeugen. Dafür bleibt der Union nicht mehr allzu viel Zeit.

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