Marco Polos Reise in den Osten
Schon immer reisten Menschen umher, um sich in der Interaktion und dem Austausch mit anderen Kulturen zu bilden und Wissen anzueignen. Mit neuen Erfahrungen eröffnen sich neue Horizonte, Grenzen werden überwunden: nicht nur geistig, sondern auch räumlich. Der wohl berühmteste europäische Entdecker der Vergangenheit ist der Venezianer Marco Polo (gest. 1324). Bereits im jungen Alter von 17 Jahren machte er sich mit seinem Vater und seinem Onkel, zwei reichen venezianischen Kaufleuten, auf den Weg nach China zum damaligen Großkhan Kubilai Khan. Nicht nur Handel treibt die Polos an, sondern ein päpstlicher Auftrag. Sie sollen Missionare in das Reich der Mitte bringen, um die Mongolen für das Christentum zu gewinnen, was sie zu starken Verbündeten gegen die Muslime machen würde. Die Missionare kapitulieren jedoch aufgrund der Strapazen, und die Polos ziehen alleine weiter. Sie bevorzugen den Landweg durch Persien. Fast 4 Jahre dauert die Reise durch Berge, Steppen und Wüste, bis sie endlich ankommen, um dann knapp zwei Jahrzehnte dem Khan zu Diensten zu stehen, der Gefallen an den Kaufleuten findet und ihnen hohe Posten verleiht. Mit seinem Reisebericht hinterlässt Marco Polo der Nachwelt seine Eindrücke und Erfahrungen.
Ibn Battuta: Vom Maghreb bis China und zurück
Einige Jahrzehnte später legte Ibn Battuta (gest. 1369) dreimal so viele Kilometer zurück wie Marco Polo. Alles beginnt 1325, als der 21-jährige Ibn Battuta aus Tanger sich auf eine Pilgerreise nach Mekka begibt. Danach reist er jedoch aufgrund eines Traumes nicht wieder nach Hause, sondern macht sich auf den Weg in die ferne Welt. Er bereist fast 25 Jahre lang alle Ecken der islamischen Welt, legt insgesamt 120.000 Kilometer zwischen China und Andalusien zurück. Er gelangte sogar über die Grenzen der islamischen Welt hinaus und betrat 1332 Konstantinopel (heute Istanbul), wo er sich etwa einen Monat aufhielt. In seinen Memoiren, die auch in deutscher Übersetzung vorliegen, gibt er eine präzise Beschreibung der Hagia Sophia wieder, obgleich ihm der Eintritt als Muslim verwehrt wurde.
Die Karte des Piri Reis
Ein weiterer Abenteurer, der anstatt ausführlicher Reiseberichte zahlreiche Karten hinterließ, ist der sogenannte osmanische Piri Reis (gest. 1553). Seine berühmte „Karte des Piri Reis“ wurde erst im Jahre 1929 in der Palastbibliothek in Istanbul entdeckt und von deutschen Orientalisten und Restauratoren identifiziert und restauriert. Sie befindet sich im Topkapi-Museum in Istanbul und ist Teil seines berühmten Seefahrerbuches (kitab-ı bahriye). Der Admiral Piri Reis gibt in seiner Karte die geographische Lage vieler Orte ziemlich genau wieder, auch wenn darin einige grobe Fehler vorhanden sind, und beschreibt, dass diese Karte sich auf 20 weitere Karten stützt, die er zu Hilfe zog.
Die Liste von Entdeckern, Abenteurern und Reisenden der Vergangenheit und der Gegenwart könnte unendlich weitergeführt werden.
Der Markt der Bildungsreisen boomt
Auch heutzutage, insbesondere dank des Massentourismus, lässt sich ein Trend zu Bildungs- und Studienreisen erkennen.
Reiseunternehmen machen sich diese Form von Reisen geschäftlich zu Nutze, indem sie Pauschalreisen anbieten, die mittels eines Reiseführers wissenswerte Informationen zu Leben, Geschichte und Kultur mit touristischen Highlights verknüpfen. Doch auch die Förderung von Schüleraustauschprogrammen oder Auslandssemestern an Universitäten gewinnt immer mehr an Beliebtheit. So waren allein im Studienjahr 2008/2009 insgesamt 198.523 Studenten mit dem bekannten Erasmus-Austauschprogramm im Ausland. Die Tendenz stieg bis heute jährlich, so dass sich 2018/2019 insgesamt 350.000 Studenten mit dem Studiennetzwerk, dem mittlerweile 40 Länder angehören, ins Ausland begaben.
Moderne Herausforderung: Virtuelle Bildungsreisen
Durch die Corona-Pandemie ist die Mobilität mittlerweile auf allen Ebenen weltweit stark eingeschränkt. So rät der DAAD (Deutscher Akademischer Austauschdienst) auf seiner Internetseite beispielsweise dazu, einen „virtuellen Beginn einer Erasmus-Mobilität […] in Erwägung zu ziehen“. Bildungs- und Sprachprogramme werden immer mehr von diversen Online-Plattformen und Bildungseinrichtungen auf virtueller Ebene angeboten. Dies mag eine mögliche, in dieser Krisenzeit vielleicht auch gute Alternative zu physischen Reisen und Kursen sein. Die Frage ist jedoch hierbei, inwiefern die virtuelle Begegnung eine zwischenmenschliche Interaktion ersetzen kann.
Der wahrscheinlich größte Gewinn, den eine Bildungsreise mit sich bringt, ist die neue Erfahrung, die dabei gemacht wird. Durch einen theoretischen Onlinekurs werden aber die neue Kultur, die Sprache und das Leben der Menschen in dem betreffenden Land nicht „erfahren“. Das Eintauchen erfolgt lediglich in der virtuellen Welt und reißt einen spätestens dann wieder heraus, wenn der Monitor ausgeschaltet wird.
Zwar haben virtuelle Onlinekurse den Vorteil, dass sie meist kostengünstiger und auch organisatorisch mit viel weniger Mühen verbunden sind als Bildungsreisen. Aber genau dieser Aufwand, die Planung und die Durchführung der Bildungsreisen stärken Selbstsicherheit und Selbstständigkeit. Darüber hinaus bringen sie eine gewisse Aufregung und Vorfreude mit sich.
Ein türkisches Sprichwort sagt: Nicht der, der lange lebt, sondern der, der viel gereist ist, hat Wissen.