Eine Frau breitet am Strand ihr Handtuch aus. / Foto: DPA (dpa)
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Ohne Frage: Unser Reiseverhalten verändert sich. Insbesondere seit der Pandemie ist der Wunsch, wieder ausgedehnt zu reisen und neue Erfahrungen in fremden Kulturen zu sammeln, größer denn je. Viele Reisende wollen nicht nur den Alltag, sondern buchstäblich auch den Urlaub im tradierten Sinn hinter sich lassen. Das Angebot von Sabbaticals und Workations im Arbeitskontext steigt zusehends – und wird von vielen aktiv genutzt.

Anlass genug für die Buchungsplattform Booking.com, um Ende letzten Jahres eine breit angelegte Online-Umfrage zu den Reisetrends 2024 zu starten. In der weltweiten Studie mit knapp 28.000 Teilnehmern aus 33 Ländern und Regionen – darunter 1000 aus Deutschland – wurden globale Trends und Bedürfnisse erfasst unter all denjenigen, die in den nächsten 12 bis 24 Monaten eine Geschäfts- oder Urlaubsreise planten.

„Reisen ist heute ein Katalysator, um unser bestes Leben zu leben“

„Unsere Reisetrends für 2024 spiegeln die Idee wider, dass Reisen kein Mittel ist, dem Leben zu entfliehen, sondern vielmehr ein Katalysator, um unser bestes Leben zu leben“, fasst Nadine Stachel, Regional Managerin DACH, die Ergebnisse der weltweiten Umfrage zusammen, die bislang umfangreichste ihrer Art bei Booking.com. Sie fügt hinzu: „Die Studie zeigt auch, dass Reisen zukünftig eine Hauptrolle in unserem Leben einnehmen wird.“

Möglich wird dieser Trend vor allem durch neue Arbeitskonzepte – von der Remote-Vollzeitstelle bis zum hybriden Arbeiten sowie ein Neuverständnis von Arbeit, das eine stärkere Verbindung zur Freizeit an die Stelle der bisherigen Work-Life-Balance rückt: Anders als früher leben wir nicht mehr erst dann, wenn die Arbeit getan ist, sondern arbeiten, während wir leben – ein Paradigmenwechsel.

Der Trend zur Workation setzt sich fort

Eine weitere, große Metastudie zum Reiseverhalten 2024 belegt diese Entwicklung: die im Januar veröffentlichte Metastudie „Die Zukunft des Reisens“ des Reisebuchverlags Michael Müller fand heraus: „Wie bereits im vergangenen Jahr setzt sich der Trend zu Workation – der Verbindung von Arbeit und Freizeit – 2024 fort.“ Für seine Trendanalyse wertete der Erlanger Verlag die Ergebnisse zahlreicher Studien von unabhängigen Meinungsforschungsinstituten und Umfragen touristischer Dienstleister aus.

Einbezogen wurden dabei auch Daten von Internet-Suchmaschinen nebst Buchungsverhalten der jüngeren Generationen. Demnach priorisieren die Deutschen in Abhängigkeit von der Zielgruppe im Urlaub nicht nur Spaß, Entspannung und den Kostenfaktor, sie legen auch weiterhin viel Wert auf Nachhaltigkeit – zum Beispiel bei der Wahl der Unterkunft.

Verstärkt nachgefragt: Nachhaltigkeit mit Design

Das bekräftigt auch die Booking.com-Studie: ihr zufolge ist das Bewusstsein für Nachhaltigkeit bei der Reiseplanung deutlich gewachsen, wird aber mit höheren Ansprüchen an Komfort, Design und Architektur kombiniert. Nachhaltig urlauben mit Umweltbewusstsein bedeutet also nicht länger nur simples Camping, Couchsurfing oder „Öko-Reisen“. Tatsächlich suchen laut der Booking.com-Umfrage 42 Prozent der Reisenden nachhaltige Innovationen „mit Wow-Faktor“. Über die Hälfte (53 Prozent) wünschen sich zum Beispiel, dass ihre Unterkunft die Natur von draußen ins Innere holt.

Die Branche hat bereits mit einer wachsenden Anzahl an privaten und gewerblichen Angeboten und einzigartigen Unterkünften auf dieses gesamtgesellschaftliche Bedürfnis reagiert – sei es mit Baumhotels, Hausbooten, Glamping oder Tiny Houses, die ästhetische Bedürfnisse und Komfortansprüche gleichermaßen zufriedenstellen und trotzdem auf ökologische und soziale Herausforderungen antworten. Ein Paradebeispiel: Das 2023 gegründete Berliner Start-Up Raus.Life, das mit smarten Cabins außerhalb der Metropolen naturnahe Rückzugsorte als Auszeit zum Stadtleben schafft.

Authentisch reisen heißt: mit der Umgebung verschmelzen

Überhaupt: Traditionelles Sightseeing ist out. Junge Reisende wollen sich heute vor allem mit der lokalen Kultur vor Ort verbinden. Laut der Metastudie des Reisebuchverlags ist der sogenannte „Resonanz-Tourismus“ einer der ganz großen, aktuellen Entwicklungen. Gefragt sind also vor allem Reisen, die authentische Erlebnisse ermöglichen. Neben Entspannung rücken dabei zunehmend Themen wie Selbsterfahrung und Selbstoptimierung ins Blickfeld. Zudem werden echte, menschliche Begegnungen beim Reisen als zunehmend wichtiger bewertet als das reine Aufsuchen von Touristenattraktionen und Foto-Hotspots.

Damit verbunden ist die Suche nach Überraschungsmomenten: Laut Booking.com will nahezu jeder zweite Reisende 2024 Neuland betreten und dabei intuitiv und abenteuerlustig reisen. In der Praxis kann das z.B. bedeuten, sich zu trauen, mit Fremden zu reisen: Dies kann sich rund ein Drittel der Befragten durchaus vorstellen. Mit Plattformen wie Joinmytrip gibt es inzwischen bereits Angebote für dieses Interesse. Spontaneität erhoffen sich die Urlauber außerdem durch das Buchen von Überraschungsreisen – für 43 Prozent eine attraktive Option. Über die Hälfte der Befragten bevorzugt zudem das Reisen ohne feste Agenda, denn für viele, die unterwegs sind, geht es im Kern auch ums Loslassen.

Das sind 2024 die beliebtesten Reiseziele

Standen direkt nach der Pandemie zunächst außereuropäische Fernreiseziele auf den globalen Bucketlisten, sind es 2024 vor allem Reiseziele in Südosteuropa, im Balkan und Mittelmeerraum bis hin zu Spanien, so das Fazit der Metastudie von Michael Müller. Dabei ist Unabhängigkeit den Reisenden überaus wichtig. Sie wollen ihre Reise möglichst einfach und effizient planen und zwischen vielen Optionen wählen können.

Obwohl das Budget für den Urlaub bei den steigenden Lebenshaltungskosten vielfach klein ausfällt, will man auf gezielten Luxus beim Reisen nicht verzichten. So setzen viele Urlauber 2024 auf einen Mix aus smart geplanten Reisebudgets mit besonderen Extras für Komfort und Genuss. 42 Prozent der Befragten entscheiden sich nicht zuletzt deshalb für einen Urlaub an Destinationen, deren Lebenshaltungskosten niedriger sind als zuhause; 32 Prozent urlauben aus diesem Grund direkt in Deutschland oder ihrer näheren Umgebung.

Digitale Medien und KI dominieren die Reiseplanung

Unterstützt werden sie dabei von KI, die hilft, auf transparente Ausgaben und preisgünstige Reisepläne zu achten. Überhaupt fällt die Schlüsselrolle digitaler Medien und KI-gestützter Instrumente bei beiden Umfragen auf – von der Online-Buchung über die Nutzung von Reise-Apps bis zum Selbst-Check-In am Flughafen. Auch Chatbots, Simultanübersetzungen oder automatisch generierte Vorschläge von beliebten Reiseportalen sind gefragt. Die Reisenden möchten dabei jederzeit stornieren, Pläne ändern oder mit späterer Zahlungsoption buchen können. Rund 37 Prozent aller Reisenden gaben dabei an, KI grundsätzlich für ihre Reiseplanung zu vertrauen. Der Anteil war umso höher, je jünger die Befragten waren.

Gesucht werden laut der Metastudie des Reisebuchverlags vor allem Unterkünfte mit unverwechselbarem Charakter: Demnach wünscht sich ein Großteil der Reisenden außergewöhnliche Übernachtungsquartiere und investiert entsprechend Zeit in die Suche.

Gastro-Tourismus und Wassernähe

Auch das, was man vor Ort erleben kann, wird den Umfragen nach wichtiger: Angesichts globaler Hitzewellen gewinnen kühlere Regionen und insbesondere Reiseziele mit Wassernähe an Popularität. Für 38 Prozent der Deutschen spielt der Klimawandel bei der Urlaubsplanung inzwischen eine Rolle und 42 Prozent haben für diesen Sommer bewusst ein Ziel mit Wassernähe gewählt. Die Bandbreite reicht dabei vom Wildschwimmen bis zur Eistherapie, vom „Yoga on water“ bis hin zu Mermaiding und Unterwasserhotels, bei denen Wasser das Hauptereignis darstellt.

Eine weitere Gruppe von Reisenden lässt sich laut der Booking.com-Studie als „Foodies“ klassifizieren: 51 Prozent gaben an, beim Reisen mehr über die Herkunft der lokalen Küche erfahren zu wollen. Diese Gastro-Touristen möchten die Handwerkskunst traditioneller Gerichte am liebsten selbst erlernen und sind an Geschichte, Geografie und regionalen Produkten interessiert. Es ist ihnen auf Reisen wichtig, die Gemeinschaft und Kultur von Einheimischen vor Ort kennenzulernen.

Der Wunsch nach dem besten Selbst

Dahinter lässt sich vor allem eines erkennen: der Wunsch nach Inspiration, Erweiterung des eigenen Horizontes und persönlichem Wachstum. Wie die Booking.com-Studie außerdem verriet, steht für knapp die Hälfte der deutschen Befragten im Fokus, sich selbst auf Reisen neu zu erfinden und sich so lebendiger zu fühlen. 62 Prozent glauben demnach, dass sie im Urlaub die beste Version ihrer selbst sind, Hemmungen ablegen und neue Aspekte ihrer Persönlichkeit entdecken können.

Für viele heißt das neue Reiseziel deshalb in erster Linie Selbstentdeckung, indem sie „wieder zu dem Leben zurückzukehren, dass man sich wirklich wünscht“, heißt es im Fazit der Studie. Dazu gehört es auch, sich regelmäßig eine Auszeit zu nehmen. Eine ausgeprägte Form davon ist der auf Schlafkomfort und Ruhe ausgerichtete Schlaftourismus – ein Trend, der angesichts des digitalen Überkonsums in den nächsten Jahren noch weiter zunehmen dürfte.

TRT Deutsch