Gedenktag an Theodoros Boulgarides – Siebtes Opfer der NSU-Mordserie (Archivbild) (dpa)
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Der Mord an Theodoros Boulgarides jährt sich am Dienstag zum sechszehnten Mal. Der damals 41-Jährige war Mitinhaber eines Schlüsseldienstes. Am 15. Juni 2005 wurde er aus rassistischen Motiven mit drei Kopfschüssen in seinem gerade erst eröffneten Geschäft in München-Westend erschossen. Die Rechtsextremisten benutzten bei der Bluttat dieselbe Waffe wie bei den anderen sechs Opfern zuvor auch – eine tschechische Česká 83.

Boulgarides war das siebte Opfer der rechtsextremen Terroristen des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU). Unter den neun NSU-Mordopfern ist er der einzige mit griechischem Migrationshintergrund. Acht Opfer der Mordserie stammen aus der Türkei und das zehnte Opfer ist deutsche Polizistin Michèle Kiesewetter. Boulgarides hinterließ eine Frau und zwei Töchter.

Gedenktag an Theodoros Boulgarides – Siebtes Opfer der NSU-Mordserie (Archivbild: Gedenktafel am Tatort) (DPA)

Behörden verdächtigten zunächst seine Witwe Yvonne Boulgarides und ermittelten in den Familienkreisen. Sie wurden über Kontakte zu Drogendealern, zur türkischen Mafia, zu Prostitutionsringen und Waffenhändlern befragt. Zeitweise wurde die Witwe verdächtigt, sie habe ihren Mann getötet oder töten lassen. Sein Geschäftspartner wurde immer wieder gefragt, ob Boulgarides sex- oder spielsüchtig gewesen sei. Die Polizei verhörten auch die Töchter und fragten, ob ihr Vater sie sexuell missbraucht habe. „Döner-Morde“ zum Unwort des Jahres 2011 gewählt Im NSU-Komplex ermittelte die Polizei elf Jahre in die falsche Richtung – im rechtsextremen Milieu wurde kaum nach möglichen Tätern gesucht. Bis zum 4. November 2011: Die NSU-Terrorgruppe enttarnte sich selbst und rühmte in einem makaberen Video ihrer Mordserie. Entsprechend groß war danach der Aufschrei bei den Sicherheitsbehörden – und der Presse. Denn selbst die Medien stempelten die Morde als Milieukriminalität ab. Die Münchner Boulevardpresse betitelte die Meldungen mit der Schlagzeile „Türken-Mafia schlug wieder zu“. Andere Medien bezeichneten die Taten als „Dönermord“. Dabei arbeiteten nur zwei der neun NSU-Opfer in einem Döner-Laden. Eine Mordkommission in Nürnberg wurde damals unter dem Namen „SoKo Bosporus“ gegründet. In der Presse und von den Ermittlern wurden die NSU-Morde mit diesen diskriminierenden Begriffen charakterisiert. Sprachkritiker wählten später „Döner-Morde“ zum Unwort des Jahres 2011. Der Begriff verharmlose die NSU-Verbrechen, urteilte die Jury. Seit 2011 ist klar, NSU-Terroristen ermordeten Theodoros Boulgarides. Der Schlüsseldienst war erst wenige Tage vor der Tat eröffnet worden. Von Außen deutete nichts auf einen Besitzer mit Migrationshintergrund hin. Zwar verdächtigte die Polizei aktenkundige Neonazis, die offenbar den Tatort inspizierten, verfolgte diese Spur aber nicht weiter. Hatten die beiden NSU-Mörder Helfer in München? Auch 16 Jahre nach dem Mord an Boulgarides bleibt diese Frage unbeantwortet – wie bei den übrigen NSU-Morden auch. Fakten zum NSU-Komplex Hauptakteure des NSU-Trios waren Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe. Nach einem Banküberfall begingen Böhnhardt und Mundlos am 4. November 2011 in Eisenach Selbstmord. Sie waren aufgeflogen, nachdem sie Zeugen bei der kriminellen Tat beobachtet hatten. Die Polizei fand ihre Leichen in einem ausgebrannten Wohnmobil. Beate Zschäpe sprengte anschließend die gemeinsame Wohnung in Zwickau in die Luft und meldete sich danach mit ihrem Anwalt bei der Polizei. In den darauffolgenden Tagen gingen mehrere Bekennervideos bei Medien, öffentlichen Institutionen und Moscheegemeinden ein. Der NSU-Prozess war eines der größten, längsten und teuersten Verfahren im Zusammenhang mit Rechtsextremismus in Deutschland. Ein Jahrhundertprozess, bei dem viele Fragen unbeantwortet bleiben. In dem Verfahren ging es um zehn Morde, drei Sprengstoffanschläge und 15 Raubüberfälle. Das Oberlandesgericht München verurteilte Zschäpe im Juli 2018 wegen zehnfachen Mordes zu lebenslanger Haft. Laut bayerischen Innenministeriums vom Februar bleiben auch nach Ende des Löschmoratoriums sämtliche NSU-Unterlagen langfristig archiviert. Auch die Verfassungsschutzakten würden weiter aufbewahrt, denn diese seien „von bleibendem historischem Wert“. Während die Akten des hessischen Verfassungsschutzes für 30 Jahre unter Verschluss bleiben.

TRT Deutsch