Çamlıca-Moschee in Istanbul (AA)
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Fasten in den Religionen

Das Fasten ist ein religiöses Gebot, welches alle abrahamitischen Religionen kennen.

Der Koran schreibt das Fasten den Muslimen vor, um Gottesfurcht zu erlangen. Es ist ein prägnantes Zeichen der Dienerschaft und führt zu einer seelischen Erfrischung und spirituellen Stärkung. Im Monat Ramadan, dem 9. islamischen Monat nach dem Mondjahr, sind Muslime dazu angehalten, sich Speisen, Getränken und sexuellen Handlungen von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang zu enthalten. Während sich der Körper in Entsagung übt, soll die Seele durch Koranlesungen, Andacht und Gebet gestärkt werden. Der Fastenmonat kann somit als eine Abwendung vom Körperlichen, Materiellen und als eine Hinwendung zum Spirituellen gesehen werden.

Auch das Christentum kennt eine 40-tägige Fastenzeit vor Ostern. Dabei waren die Vorschriften, wie sie in der Fastenordnung für die Bistümer des Deutschen Reiches festgelegt sind, noch bis etwa Mitte des 20. Jahrhunderts für Katholiken viel strenger, als sie es heute sind. Gläubigen wurde vorgeschrieben, nur eine volle Mahlzeit am Tag und am Morgen und Abend lediglich eine kleine Stärkung zu sich zu nehmen. Das Fasten war für alle zwischen 21 und 60 Jahren vorgesehen. Dabei gab es Ausnahmen, welche auch der Islam kennt, beispielsweise für Reisende und Kranke. Die Fastenzeit galt als Zeit der Besinnung und Buße, weswegen Feste und Feierlichkeiten verboten waren. Mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-65) wurde die „Fastenzeit“ durch den Begriff der „österlichen Bußzeit“ ersetzt. Speziell von Fasten ist keine Rede mehr. Dennoch gilt diese Zeit für die meisten Katholiken als Zeit der Entsagung und spirituellen Stärkung.

Evangelische Christen kennen keine verbindlichen Fastenzeiten. Frömmigkeitsübungen sind nicht vorgeschrieben, sondern jedem selbst überlassen. Heutzutage ist sowohl für Katholiken als auch Protestanten das Fasten eine individuelle Definition. Wie Entsagung gelebt wird, hängt von der eigenen Entscheidung ab. Der Verzicht auf Fleisch oder Süßigkeiten ist die am meisten verbreitete Form des Fastens. Manch anderer übt sich in Enthaltsamkeit, indem er auf das Auto oder andere materielle Dinge während der Fastenzeit verzichtet.

Leuchtbotschaften als Fingerzeige in Istanbul

Das Fasten im Ramadan hat neben der spirituellen Dimension in allen muslimisch geprägten Ländern auch eine stark soziale Komponente. Das Abendessen zum Fastenbrechen wird gerne gemeinsam mit Verwandten und Freunden eingenommen. Jedes muslimisch geprägte Land hat seine eigenen Bräuche, um den Monat Ramadan zu begehen. Das Schmücken von Straßen, Moscheen und Häusern, spezielle landesspezifische Ramadan-Süßigkeiten, Gerichte und andere Lebensmittel sind Beispiele hierfür. Wer schon einmal den Ramadan in Istanbul verbracht hat, kennt sicher die langen Menschenschlangen vor den Bäckereien für die sogenannte Ramadan-Pide.

Die wohl berühmteste jahrhundertealte Ramadan-spezifische Tradition in Istanbul jedoch sind die Leuchtbotschaften zwischen Minaretten, die sogenannten Mahyas.

Das Wort Mahya leitet sich vom persischen Wort „mah“ ab und bedeutet Mond oder Monat.

Für die Mahya werden mit Leuchtmitteln Botschaften beziehungsweise Sprüche zwischen zwei Minarette einer Moschee gehängt. Die Tradition lässt sich bis ins 17. Jahrhundert zurückverfolgen und diente dazu, durch das Erleuchten der Moscheen nicht nur Herzen, sondern auch Straßen zu erhellen. Dabei wurden, wie heute auch, Koranverse, Aussprüche des Propheten oder andere kurze Slogans an den Sultanmoscheen angebracht, da nur diese immer mindestens zwei Minarette aufwiesen. Die Botschaften sind speziell für den Ramadan und immer religiösen Charakters. Nur zur Zeit der Republikgründung wurde die Mahya auch kurzzeitig für politische Aussagen verwendet.

Im Ramadan wird heutzutage die Botschaft jede Woche geändert. Zu Beginn kann man oft Aussagen wie: Herzlich Willkommen oh Monat Ramadan und zum Ende Sprüche des Abschieds lesen.

(Others)

Technische Raffinesse

Die Vorbereitungen für die Mahya beginnen mindestens 15 Tage vor Ramadan.

Erst wird ein Stahlseil zwischen beide Minarette gespannt. Der Abstand zwischen den Minaretten, an denen die Botschaft angebracht werden soll, bestimmt oft die Länge der Botschaft. Alles muss exakt berechnet werden. Daher wird zunächst auf einem karierten Papier ein Entwurf der Botschaft erstellt. Die Glühbirnen werden dementsprechend an hängenden Kabelschnüren platziert. Um dieses „Gerüst“ zu erstellen, braucht man mindestens einen ganzen Tag. Danach wird das fertige Glühbirnen-Gerüst mit einer Seilzugkonstruktion zwischen den Minaretten am Stahlseil angebracht.

Vor der Elektrifizierung verwendete man Öl-Lampen, später Glühbirnen und heutzutage werden für manche Moscheen LED-Anzeigen verwendet.

Diese jahrhundertealte Tradition droht nun auszusterben, da es kaum mehr als eine Handvoll Mahya-Meister (auf Türkisch Mahyaci) gibt. Vor Jahren wurde seitens einer staatlichen Initiative versucht, neue Mahya-Meister zu rekrutieren, was jedoch nicht erfolgreich war. Es gibt keine theoretische Ausbildung in der Kunst des Mahya, sondern es handelt sich vielmehr um ein Handwerk, welches traditionell vom Meister an den Lehrling weitergegeben wird.