Seit Anfang der 2000er Jahre erhebt der US-amerikanische Marketing- und PR-Konzern Edelman in weltweit 27 Staaten der Welt das Vertrauen der Öffentlichkeit in bestimmte Institutionen. Jüngst wurde die 22. Ausgabe des Edelman Trust Barometers präsentiert und es weist im Zeichen der Coronakrise einen weiteren dramatischen Trend nach unten aus, wenn es um das Vertrauen in Medien, Regierungen und die Fähigkeit der Politik insgesamt geht, Probleme zu lösen.
Durchschnittliches Vertrauen in Deutschland am stärksten zurückgegangen
Während in allen 27 Staaten, in denen gefragt wurde, unveränderte 61 Prozent dem Business als Institution vertrauen, bringen nur noch 52 Prozent ihrer jeweiligen Regierung und 50 Prozent den Medien ihres Landes Vertrauen entgegen, was jeweils ein Minus von einem Prozent bedeutet. NGOs kommen auf einen Wert von 59 Prozent.
In westlichen Ländern ist der Vertrauensverlust in die Institutionen insgesamt sogar überdurchschnittlich hoch. Mit einem Minus von sieben Prozent ist das Vertrauen in alle vier genannten Segmente in Deutschland am stärksten gefallen. Im Durchschnitt vertrauen hier nur noch 46 Prozent den genannten Institutionen. In den USA sind es nur noch 43 Prozent – das entspricht einem Minus von zehn Prozent im Laufe der vergangenen fünf Jahre.
Demgegenüber hat in den Vereinigten Arabischen Emiraten das Durchschnittsvertrauen in die genannten Institutionen allein im Vorjahr um neun Prozent auf 76 Prozent zugenommen. Auch in Thailand vertrauen fünf Prozent mehr Menschen ihren Institutionen. An der Spitze liegt China mit einem Wert von 83 Prozent und einem Plus von elf Prozent – wobei allerdings unter den Bedingungen einer totalitären Diktatur mit ausgebautem Überwachungsapparat ein gewisser Unsicherheitsfaktor bezüglich der Authentizität der Antworten mit einzukalkulieren sein dürfte.
Auffällig ist zudem, dass es ein immer größeres Gefälle beim Vertrauen in die Institutionen zwischen Menschen mit hohem und solchen mit geringem Einkommen gibt. In Deutschland beträgt der Unterschied 21 Prozent, was der fünfthöchste Wert unter den untersuchten Ländern ist.
Journalisten der bewussten Spaltung und Irreführung verdächtigt
Im Gesamtdurchschnitt sehen nur 36 Prozent aller Befragten (minus 12 Prozent) die Regierung und 35 Prozent (minus elf Prozent) die Medien als eine Kraft, die die Gesellschaft vereint – hingegen meinen 48 bzw. 46 Prozent, diese würden als spaltende Faktoren wirken.
Unter den einzelnen Medien können Suchmaschinen mit 59 Prozent noch am meisten an Vertrauen generieren, allerdings müssen auch sie gegenüber dem Jahr zuvor ein Minus von drei Prozent verkraften. Traditionelle Medien müssen mit fünf Prozent ein deutlicheres Minus hinnehmen und kommen weltweit nur noch auf 57 Prozent Vertrauen. 43 Prozent vertrauen sogenannten „Owned Media“ wie Firmenwebseiten oder Blogs, soziale Medien kommen nur auf 37 Prozent (minus acht Prozent).
Nur 42 Prozent der Befragten insgesamt vertrauen politischen Führern und 46 Prozent Journalisten. Von allen Befragten gehen zudem 67 Prozent (plus acht Prozent) davon aus, dass Journalisten und Reporter versuchen, durch Falschinformationen oder grobe Übertreibungen Menschen in die Irre zu führen. 66 Prozent (plus neun Prozent) glauben dies von Politikern.
Gleichzeitig ist auch das Vertrauen in sogenannte alternative Medienangebote gering: 76 Prozent aller Befragten (plus vier Prozent) äußern Sorgen über eine Verwendung von Falschinformationen und Fake-News als Waffe. Sogenannte Alternativmedien werden von professionellen Faktenprüfern immer wieder dabei ertappt, unzutreffende Informationen aus zweifelhaften Quellen ungeprüft weiterzuverbreiten - beispielsweise über die US-Wahlen im Jahr 2020 oder die Corona-Schutzimpfung.
Zukunftsoptimismus in neun westlichen Staaten auf Allzeittief
Insgesamt trauen nur 45 bzw. 44 Prozent aller Befragten Medien bzw. Politik zu, eine Führungsrolle bei der Lösung gesellschaftlicher Probleme wahrzunehmen, Resultate erwarten von ihnen nur 48 bzw. 42 Prozent.
Während das Vertrauen der Menschen in überregionale Akteure immer stärker erodiert, steigt jenes in lokale Akteure. So erklären sieben Prozent mehr als im Jahr zuvor, sie würden ihren Nachbarn stärker vertrauen, sechs Prozent bejahen dies hinsichtlich ihrer Arbeitskollegen.
64 Prozent aller Befragten bescheinigen den Menschen in ihrem jeweiligen Land eine mangelhafte Fähigkeit, unterschiedliche Meinungen in konstruktiver und zivilisierter Weise auszudiskutieren. Zudem glauben nur 51 Prozent, es werde ihnen persönlich und ihren Familien in fünf Jahren besser gehen als heute. Auf einem Allzeittief ist dieser Wert in neun westlichen Industriestaaten – unter anderem auch in Deutschland, wo nur 22 Prozent davon ausgehen.
Hingegen erwarten 91 Prozent der Kenianer, 87 Prozent der Nigerianer und 83 Prozent der Kolumbianer eine Verbesserung ihres Lebensstandards. Auch in Indien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Saudi-Arabien äußern sich mehr als drei Viertel der Befragten optimistisch bezüglich ihrer Perspektiven in den kommenden fünf Jahren.