Fast 17.000 türkische Staatsangehörige leben in Nürnberg, dazu kommen tausende weitere, die als deutsche Staatsbürger einen türkischen Migrationshintergrund aufweisen. Die große Bedeutung, die der türkischen Einwanderercommunity in der Frankenmetropole zukommt, war für die Verantwortlichen in der Stadt Anlass, mit eigenen Veranstaltungen das 60-jährige Jubiläum des Anwerbeabkommens zwischen der Türkei und der Bundesrepublik Deutschland zu begehen.
Diese bildeten im Regelfall einen angemessenen Rahmen, um die Lebensleistung der sogenannten Gastarbeiter und türkischer Einwanderer in mittlerweile vier Generationen zu würdigen. Ausgerechnet eine der größten Veranstaltungen zu dem Thema, nämliche jene am 30. Oktober im Heilig-Geist-Haus, die vom „Inter-Kultur-Büro“ der Stadt organisiert wurde, sollte jedoch von einem handfesten Eklat überschattet werden.
PKK-Anhänger und weitere Separatisten zu Panel eingeladen
Anhänger der terroristischen PKK und weitere Separatisten hatten offenbar bereits von langer Hand geplant, die Veranstaltung zu infiltrieren, die eigentlich mit Musik und Gesprächsrunden konkreten Einwanderungsgeschichten türkischer Familien Raum geben sollte. Aufmerksamkeit sollte ihnen dabei auch sicher sein: Immerhin waren Oberbürgermeister Marcus König, Kulturbürgermeisterin Julia Lehner und der türkische Generalkonsul Serdar Deniz als Gäste angekündigt.
Am Ende sollte Deniz jedoch seine Teilnahme bereits im Vorfeld absagen und Oberbürgermeister König wortlos vorzeitig die Veranstaltung verlassen. Anlass dafür war ein Wortbeitrag von Mehmet Elbistan, einem Vertreter der „Kurdischen Gemeinde in Nürnberg“, die bereits im Vorfeld der Veranstaltung über ihre eigenen Kanäle separatistische Propaganda verbreitet hatte.
Elbistan, der sich in einer Lokalzeitung vor dem Hintergrund einer Landkarte ablichten ließ, die Gebietsansprüche eines fiktiven „Kurdistan“ gegenüber der Türkei zum Ausdruck bringt, gab sich auf der Veranstaltung als Anhänger der Vereinigung „Komkar“ zu erkennen. Diese verbreitet seit Jahr und Tag in Deutschland Hetze und Falschnachrichten über die Türkei und spricht dieser das Recht ab, sich gegen terroristische Vereinigungen wie die PKK zur Wehr zu setzen.
Teile der Türkei als „Kurdistan“ bezeichnet und Terror verherrlicht
Auf der Veranstaltung hatte Elbistan auf die Frage, warum er nie die deutsche Staatsangehörigkeit angenommen habe, mit der Erklärung geantwortet: „Ich wollte in die Türkei gehen und kämpfen.“ Der Terrorismus der PKK hat seit dessen Beginn in den 1980er Jahren 40.000 Todesopfer gefordert, unter diesen auch zahlreiche Frauen und Kinder.
Diese unverhohlene Verherrlichung des Terrorismus nahmen der anwesende Sabah-Reporter Mustafa Akbaba, der auch im Gespräch mit TRT Deutsch die Zwischenfälle bestätigen konnte, und mehrere Veranstaltungsbesucher zum Anlass, unter Protest die Veranstaltung zu verlassen.
Auch Oberbürgermeister König verließ den Saal. Das Stadtoberhaupt bezeichnete später den Wortbeitrag Elbistans gegenüber dem Portal „nordbayern.de“ als „inakzeptabel“ und bat die türkischen Gäste um Entschuldigung. Zudem räumte er ein, dass Generalkonsul Deniz ihn bereits im Vorfeld der Veranstaltung vor möglichen Provokationen durch extremistische Elemente gewarnt und damit auch die Absage seiner eigenen Teilnahme begründet habe.
König erklärte, ihm sei nicht bewusst gewesen, wie ernst die Angelegenheit sei, zudem sei es nicht mehr möglich gewesen, die Veranstaltungsplanung so kurzfristig noch zu ändern.
Teilnehmer eines Panels per Haftbefehl gesucht
Gegenüber TRT Deutsch macht Generalkonsul deutlich, dass vonseiten der Türkei bereits am 28. Oktober, einen Tag nach Kenntnisnahme des Veranstaltungsprogramms, vor Extremisten und Terroranhängern auf der Veranstaltung gewarnt worden sei.
„Nach der Prüfung des endgültigen Programms, das unserem Generalkonsulat auf unsere Anfrage am Abend des 27. Oktober zugesandt wurde, gehörten zu den Rednern des zweiten Panels der besagten Veranstaltung PKK-Sympathisanten und eines der Gründungsmitglieder von Komkar, Mehmet Elbistan“, erklärt Deniz. „Es wurde auch festgestellt, dass unter den Teilnehmern des dritten Panels jemand war, der in unserem Land per Haftbefehl gesucht wird.“
Anschließend habe man dem Kulturamt die eigenen Bedenken mitgeteilt und die Absage der eigenen Teilnahme kundgetan. Deniz selbst hat in einem Brief an OB König „zum Ausdruck gebracht, dass das Programm eher eine Beleidigung der Türkei als eine Feier eines gemeinsamen Jubiläums darstellt“.
Absage „nicht mehr möglich“
In einem persönlichen Gespräch mit König, der sich am Tag der Republik (29.10.) zur Feier im Generalkonsulat eingefunden hatte, habe er das Thema noch einmal angesprochen, erläuterte Deniz weiter. König habe darauf erklärt, er „habe meine Bedenken verstanden, aber er sei zu spät über das Programm informiert worden“. Eine Absage der Veranstaltung sei zu jenem Zeitpunkt nicht mehr möglich gewesen.
Drei Tage nach der Veranstaltung, am 2.11., hätten auch die Organisatoren ihn aufgesucht, berichtet Deniz weiter. Sie äußerten ihr Bedauern über den Vorfall und räumten ein, dass „das Programm sehr spät vorbereitet wurde und sie möglicherweise einen Fehler bei der Auswahl der Teilnehmer gemacht haben“. Elbistan sei im Anschluss an den Eklat das Wort entzogen und er sei aus dem Saal entfernt worden.
Stadt will künftig „im Vorfeld Hinweisen nachgehen“
Unterdessen hat sich die Stadt Nürnberg auf Nachfrage von TRT Deutsch zu dem Vorfall geäußert. Auch der Chef des Kommunikationsamts, Andreas Franke, bestätigt, dass es am Tag vor der Veranstaltung ein Gespräch zwischen OB König und Generalkonsul Deniz gegeben hatte. Der Verwaltungschef der Frankenmetropole habe bezüglich der kritisierten Wortbeiträge „hinterher auch der Einschätzung des Generalkonsuls recht gegeben und bedauert, was gesagt wurde“.
Allerdings sieht die Stadt abseits der Zwischenfälle „aber auch im Großen und Ganzen eine sehr gelungene Veranstaltung mit sehr guter Resonanz sehr vieler Teilnehmerinnen und Teilnehmer“. Auf die Frage, welche Vorkehrungen die Stadt treffen wolle, um Provokationen dieser Art künftig zu vermeiden, hieß es aus dem. Kommunikationsamt:
„Die Stadt wird im Vorfeld Hinweisen nachgehen und vorher intensiver über Teilnehmerinnen und Teilnehmer diskutieren.“
9 Nov. 2021
TRT Deutsch
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