Hanno Behrens (dpa)
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Die unverhohlenen Morddrohungen gegen zwei seiner Fußball-Profis wühlen den 1. FC Nürnberg-Trainer Jens Keller innerlich auf. Er reagierte erschüttert und verstört.„Es ist schon Wahnsinn, in welcher Welt wir mittlerweile leben, was man alles mitmachen muss, wenn man in der Öffentlichkeit steht“, sagte der 49 Jahre alte Coach nach dem 0:3 des 1. FC Nürnberg im Zweitligaspiel gegen Hannover 96.

Die Anfeindungen in deutschen Fußballstadien haben am Freitag in Franken eine neue Dimension erreicht. Nach der Partie machte der FCN publik, dass es am Morgen am Max-Morlock-Stadion und auch am Trainingsgelände Drohplakate in DIN-A-4-Größe gegen „Club“-Spieler gegeben habe. Der Verein schaltete die Polizei ein. Diese sucht nach dem oder den Tätern und hofft, dass sich mögliche Zeugen melden. Im Internet tauchte eins der Plakate auf. Wann trenne sich der Verein endlich „von solchen Anti-Fußballern“ wie Lukas Mühl, Hanno Behrens und so weiter, stand darauf. Die Anfeindungen gipfelten in dem brutalen Satz: „Muss es denn einen zweiten Fall Escobar geben?“ Damit wurde auf die Ermordung des kolumbianischen Nationalspielers Andres Escobar nach einem Eigentor bei der Weltmeisterschaft 1994 in den USA angespielt. „Das ist ein Fall, der überschreitet Grenzen“, äußerte Nürnbergs Sportvorstand Robert Palikuca, der am Samstag ankündigte: „Das macht uns sprachlos, aber wir werden nicht tatenlos sein.“ Er glaubt an einen Einzelfall „eines einzelnen Vollidioten“, den man hoffentlich „ausfindig“ machen werde und „zur Rechenschaft“ ziehen könne. „Widerlich und geschmacklos“ nannte er den Vorfall. Die betroffenen Akteure waren vor dem Spiel informiert worden, wie Palikuca bestätigte, die komplette Mannschaft dagegen nicht. Kapitän Behrens lief gegen Hannover trotzdem auf, Abwehrspieler Mühl fehlte verletzt. „Hanno hat sich bereiterklärt, zu spielen“, berichtete Palikuca. Schon am Tag nach dem Spiel war der „Club“ darum bemüht, wieder etwas Normalität zu zeigen. Beim Training lief Behrens vorneweg, der Kapitän äußerte sich aber öffentlich nicht. Die schwache Leistung des Teams gegen Hannover erschien wegen des Vorfalls in einem anderen Licht, auch wenn Keller sagte: „Ich weiß nicht, ob es einen Zusammenhang gibt.“ Er selbst war von Anfang an unterrichtet und gestand: „Wenn du dich vor dem Spiel mehr mit so etwas beschäftigst als mit dem Spiel, ist das einfach traurig.“ „Wir machen die schönste Nebensache der Welt, das ist Fußball. Aber da wird Fußball eine ganz kleine Nebensache“, sagte der Ex-Profi. Keller fiel es schwer, schon am Wochenende wieder zur Tagesordnung - die heißt beim „Club“ weiter Abstiegskampf - zurückzukehren. Keller rückte den Vorfall in den Kontext „der aktuellen Zeit, was mit (Dietmar) Hopp alles passiert ist, und mit den Fadenkreuzen - und dann passiert so etwas“. Solidaritätsbekundungen gab es aus der Bevölkerung. Bürgermeister Christian Vogel (SPD) äußerte sich entsetzt: „Das sind keine Fans, das sind abartige Typen, die dem Fußball und dem gesellschaftlichen Miteinander schaden wollen.“

dpa