Die deutsche Rüstungsindustrie warnt den künftigen Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) vor einer weiteren Verschärfung der Rüstungsexportkontrolle und vor zu hohen Ansprüchen an Rüstungsgüter. Auch wenn Waffen „nie in falsche Hände“ geraten dürften, sollte sich Deutschland beim Export von Produkten aus europäischer Zusammenarbeit auf die Maßstäbe der anderen beteiligten Länder „zubewegen“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV), Hans Christoph Atzpodien, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).
Vor weiteren Restriktionen bei Rüstungsexporten warnte Atzpodien indes. „Dann nämlich will niemand mit uns kooperieren.“ Eine Rolle als Juniorpartner werde Deutschland im Übrigen nicht gerecht. „Denn wir sind das Land mit der stärksten Rüstungsindustrie und mit den höchsten Verteidigungsausgaben in Europa“, sagte Atzpodien.
Die Ampel-Koalition überarbeitet derzeit die rechtlichen Grundlagen für Rüstungsausführungen. Das Wirtschaftsministerium kündigte zuletzt die baldige Vorlage von Eckpunkten für ein Rüstungsexportkontrollgesetz an.
„Wir haben teilweise übersteigerte Ansprüche, die wieder auf Normalmaß gesetzt werden müssen“, stellte Atzpodien weiter fest. Die Verteidigungsindustrie verfüge „in reichem Maße“ über marktverfügbare Produkte. Diese würden bereits an andere NATO-Länder geliefert. „Nur muss das Verteidigungsministerium die spezifisch deutschen Goldrand-Anforderungen abbauen, die die Bundeswehr derzeit daran hindern, diese robusten und attraktiven Produkte zu beschaffen.“
Industrie beklagt Überkomplexität in Deutschland
Die Bundeswehr-Beschaffung behalte sich zudem meistens vor, „bis ins Detail zu spezifizieren, wie ein Produkt aussehen muss“. Auch würden laufende Verträge immer wieder geändert. Daraus ergebe sich in vielen Fällen eine Überkomplexität, die die Kosten erhöhe und das Umsetzungstempo verlangsame. Besser wäre es demnach, „die Lösungsideen der Industrie früher und umfassender einzubeziehen, um so ein besseres Kosten-Nutzen-Verhältnis zu erreichen“.
Der BDSV-Hauptgeschäftsführer betonte, generell könne die Rüstungsindustrie den durch den russischen Angriff auf die Ukraine steigenden Bedarf an Waffen sowohl für die Ukraine als auch für die Bundeswehr decken. Er traue ihr „unglaublich viel zu, wenn wir als Gesellschaft diese Herausforderung akzeptieren und entsprechende Haushaltsmittel dafür einsetzen“. Dabei sei klar: „Deutsche Waffen retten Leben.“