Die Lokführer haben am frühen Mittwochmorgen ihren 64-stündigen Streik im Personenverkehr begonnen. Der Ausstand, zu dem die Gewerkschaft GDL aufgerufen hat, begann um 02.00 Uhr. Enden soll der Streik am Freitag um 18.00 Uhr. Bis dahin gilt ein Notfahrplan der Deutschen Bahn. Der Güterverkehr der Bahn wird bereits seit Dienstag um 18.00 Uhr bestreikt. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) rief die GDL und die Bahn zur Rückkehr an den Verhandlungstisch auf.
Das Hessische Landesarbeitsgericht in Frankfurt am Main hatte am Dienstagabend den Eilantrag der Deutschen Bahn gegen den Streik der GDL in zweiter Instanz abgewiesen.
Konzernsprecherin bezeichnet Streik als „unnötig“ und „rücksichtslos“
Die Bahn erklärte, der Notfahrplan biete „nur ein sehr begrenztes Angebot im Fern-, Regional- und S-Bahn-Verkehr“. Konzernsprecherin Anja Bröker sprach am Dienstagabend vor Journalisten von einem „unnötigen“ und "rücksichtslosen“ Streik und einer „Zumutung für unsere Fahrgäste“. Die Bahn sei beim Thema Arbeitszeit „einen großen Schritt" auf die GDL zugegangen, dennoch sei der Streik „jetzt nicht mehr abzuwenden“.
„Wir fahren nach einem Notfallplan, wie auch schon in den vergangenen Streiks werden 20 Prozent unserer Fernverkehrszüge fahren können, und auch im Regionalverkehr müssen wir unser Angebot massiv einschränken“, sagte Bröker. Fahrgästen empfahl sie, ihre Reise wenn möglich zu verschieben oder sich in den Auskunftsmedien zu erkundigen, ob die Verbindung nach dem Notfahrplan verkehrt oder nicht. Tickets behalten laut Bröker ihre Gültigkeit, die Zugbindung sei aufgehoben.
Mit Blick auf den bereits begonnenen Streik im Güterverkehr sagte die Konzernsprecherin: „Es werden etliche Züge (...) heute Nacht ihr Ziel nicht erreichen. Wir versuchen (...), mit der Industrie und der Wirtschaft zumindest die versorgungsrelevanten Güterzüge doch noch zum Fahren zu bringen.“ Bröker betonte, dass die Bahn sich eine andere Lösung gewünscht hätte, dass aber die Lösung „nur am Verhandlungstisch“ möglich sei.
GDL-Streik für Forderungen im Tarifkonflikt
Die GDL will mit dem Streik ihre Forderungen im Tarifkonflikt mit der Deutschen Bahn und weiteren Transportunternehmen untermauern. Die Gewerkschaft erklärte Ende November das Scheitern der Verhandlungen. Der DB-Konzern war nicht bereit, über Kernforderungen wie eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit bei vollem Lohnausgleich zu verhandeln.
Nach einem ersten Warnstreik im November leitete die GDL-Führung eine Urabstimmung über härtere Arbeitskampfmaßnahmen ein. Das kurz vor Weihnachten und nach einem zweiten Warnstreik verkündete Ergebnis ergab eine 97-prozentige Zustimmung der GDL-Mitglieder für unbefristete Streiks.
Bahn bietet Flexibilität bei Arbeitszeiten trotz Fachkräftemangel
Die Bahn hatte Verhandlungen über kürzere Arbeitszeiten unter Verweis auf den Fachkräftemangel zunächst strikt abgelehnt. Vergangene Woche bot sie dann ein Modell an, mit dem Schichtarbeitende ihre Wochenarbeitszeit reduzieren oder auch aufstocken könnten.
Beim Thema Lohnausgleich blieb der Konzern zurückhaltend. Es müsse klar sein, dass es Abstriche bei der Lohnerhöhung geben müsse, wenn durch kürzere Arbeitszeiten Zusatzkosten entstünden, sagte DB-Personalvorstand Martin Seiler. Dennoch sei die Bahn der GDL „bei ihrer Kernforderung zur Arbeitszeit einen großen Schritt entgegengekommen“. Die Gewerkschaft wies das neue Angebot hingegen als „unseriös“ und „irreführend“ zurück. Die Bahn habe keine konkreten Zahlen genannt.
Wissing drängt auf Verhandlungen
Bundesverkehrsminister Wissing rief die GDL und die Deutsche Bahn auf, ihre Verhandlungen fortzusetzen. „Es muss ein Weg gefunden werden, mit dem beide Seiten zurechtkommen. Dazu muss miteinander gesprochen werden“, sagte Wissing der „Bild“-Zeitung (Mittwochsausgabe). „Ich fordere beide Seiten dringend auf, wieder an den Verhandlungstisch zurückzukehren.“