Ein Wiener Polizeibeamter hat sich am Donnerstag wegen Amtsmissbrauchs am Wiener Landesgericht verantworten müssen, weil er ein anzeigewilliges Opfer von Polizeigewalt „abgewimmelt" hatte. Das berichtet die Austria Presse Agentur (APA). Ein gebürtiger Tschetschene hatte Kollegen des Beamten anzeigen wollen, nachdem diese ihn am Abend zuvor in einem Spiellokal ohne ersichtlichen Grund geschlagen und getreten hatten.
Suspendierung des Beamten unterblieb
Der angeklagte Polizist schickte den Geschädigten weg, statt die Anzeige aufzunehmen oder die Angelegenheit in einem Tagesbericht zu vermerken. Der 51-jährige Polizist war vor Gericht umfassend und reumütig geständig. „Es tut mir leid, dass ich in der Situation nicht sensibel genug war und es unterlassen habe, richtig zu handeln. Ich sehe meinen Fehler ein. Ich hätte mehr auf das Ganze eingehen sollen“, gab er zu Protokoll.
Das Gericht stufte sein Vergehen als „im untersten Bereich dessen, was ein Amtsmissbrauch ist“ ein. Der nicht vom Dienst suspendierte Beamte muss nun eine Geldbuße von 2500 Euro bezahlen. Sobald der Zahlungseingang erfolgt, wird die gegen ihn gerichtete Anzeige zurückgelegt und das Verfahren vorläufig eingestellt.
Vorfall aus dem Jahr 2019
Der Tschetschene war am 13. Jänner 2019 in einem Spiellokal in Favoriten von Polizisten im Zuge einer Amtshandlung geschlagen worden. Sechs Beamte wurden deswegen im Juli 2021 vom Landesgericht verurteilt. Die beiden unmittelbaren Täter erhielten wegen Amtsmissbrauchs und Körperverletzung bedingte Freiheitsstrafen von zwölf und zehn Monaten. Vier weitere wurden auf Bewährung verurteilt, weil sie Übergriffe mitangesehen hatten, ohne dagegen einzuschreiten - beziehungsweise die aus dem Ruder gelaufene Amtshandlung nicht den Vorschriften entsprechend tatsachengemäß schriftlich festgehalten hatten.
Am nächsten Tag suchte der Geschädigte eine Polizeiinspektion auf, wo er es mit dem Angeklagten zu tun bekam. Mehrmals erzählte er diesem, er sei am Abend davor von Polizisten geschlagen worden, und fragte, wo er diese anzeigen könne. „Das weiß ich nicht, das ist grundsätzlich immer schwer“, erwiderte der Angeklagte. Und nach einiger Zeit schlug er dem Tschetschenen vor, dieser solle sich an die polizeiinterne Meldestelle wenden und „am Schottenring beschweren“.
Ein Video-Mitschnitt brachte den 51-Jährigen am Ende vor Gericht. Der Tschetschene hatte das 14-minütige Gespräch mit dem Polizisten mit seinem Handy aufgezeichnet.
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