Fragwürdige Überprüfung: 24 Austrotürken verlieren Staatsbürgerschaft (AFP)
Folgen

Die Wiener Magistratsabteilung MA 35 (Einwanderung und Staatsbürgerschaft) hat 24 Austrotürken die Staatsbürgerschaft aberkannt. Grund: Sie seien im Besitz der Doppelstaatsbürgerschaft und das sei illegal. Laut dem „Kurier“ droht insgesamt 450 Austrotürken das gleiche Schicksal. Derzeit prüfe die Wiener Behörde gegen die Betroffenen ein Feststellungsverfahren. Bislang habe sie erst Daten von 60 Personen bearbeitet.

Eine 2018 online gestellte Liste der türkischen Wahlkommission dient laut „Kurier“ als Basis für die Ermittlungen. Auf dieser Liste sind Namen der wahlberechtigten Türkischstämmigen dokumentiert. Da nur türkische Staatsbürger zur Wahl zugelassen sind, ist die Liste für die MA 35 ein Beweisstück. Doch das Vorgehen der Behörde ist problematisch.

Laut Medienberichten gab es von Anfang an Zweifel an der Zuverlässigkeit der Daten. Die anonyme Herkunft der Liste ist fragwürdig. Ungeklärt bleibe auch, wie alt die Daten sind und ob sie nicht womöglich manipuliert worden sind. Weil auch das Verfassungsgerichtshof die Tauglichkeit der Liste in Frage stellte, wurde damals die Aberkennung der österreichischen Staatsbürgerschaft für rechtswidrig erklärt.

Fragwürdige Wählerliste als Beweis für Doppelstaatsbürgerschaft

Nun verfolgten die Behörden eine neue Strategie, erklärt Rechtsanwalt Mahmut Şahinol von der Kanzlei Brehm & Şahinol gegenüber TRT Deutsch. Die österreichischen Behörden verwendeten die fragwürdige Wählerliste, um Abfragen auf der Webseite der Türkischen Wahlkommission YSK (Yüksek Seçim Kurulu) im Auslandswählerverzeichnis durchzuführen. Dabei seien Daten aus einem unzulässigen Beweismittel herangezogen worden, um weitere Beweise zu bekommen, so Şahinol.

Der österreichische Verfassungsgerichtshof hat dem Rechtsanwalt zufolge die sogenannte türkische Wählerevidenzliste wegen mangelnder Authentizität als Beweismittel für nicht zulässig erklärt. Daher dürften sie auch „nicht von den Behörden als Beweismittel herangezogen werden. In den genannten 450 Fällen wurden aber genau diese unzulässigen Beweismittel wieder herangezogen, um an weitere Informationen zu gelangen, um neuerlich türkischstämmigen Österreichern die Staatsbürgerschaft abzuerkennen.“

Daher ist laut Şahinol dieses „proaktive Vorgehen der österreichischen Behörden unter Verwendung eines problematischen und vom Verfassungsgerichtshof bereits als untauglich bezeichneten Beweismittels datenschutzrechtlich und rechtstaatlich bedenklich.“ Dieses problematische Vorgehen werde sicherlich noch von den Höchstgerichten überprüft werden. „Aus rechtsstaatlicher Sicht ist ferner höchst problematisch, dass sich die österreichischen Behörden nach Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs so lange Zeit gelassen haben, um nun (neuerlich) gegen diese betroffenen Personen vorzugehen.“

TRT Deutsch