Die internationale Kritik an dem mutmaßlichen Putschversuch im westafrikanischen Guinea wird lauter. Nachdem UN-Generalsekretär António Guterres „jede Übernahme der Regierung mit Waffengewalt“ verurteilt hatte, äußerten auch die Europäische Union, die Afrikanische Union, die ehemalige Kolonialmacht Frankreich und Großbritannien öffentlich Kritik. Die genauen Hintergründe und Umstände der turbulenten Ereignisse am Sonntag waren auch in der Nacht zum Montag noch nicht zweifelsfrei geklärt.
Widersprüchliche Medienberichte
Laut der britischen Botschaft in Conakry war es im Laufe des Sonntags an mehreren Orten in der Hauptstadt zu anhaltenden Schusswechseln gekommen. In sozialen Medien kursierten zunächst nicht verifizierbare Videos, die den Schluss nahelegen, dass Präsident Alpha Condé gestürzt wurde. In einem Video mit dem Logo des staatlichen Rundfunks waren mehrere Männer in Militäruniform und mit der Landesfahne zu sehen - einer von ihnen behauptete, die Regierung sei abgesetzt. Er sagte zudem, die Verfassung sei außer Kraft gesetzt und die Landesgrenzen seien geschlossen. In einem weiteren Video war Condé selbst mit Männern in Militäruniform zu sehen. Der Verbleib des 83 Jahre alten Staatspräsidenten war zunächst ungeklärt. Der französischsprachige Sender TV5 Monde und weitere Medien berichteten hingegen, das Verteidigungsministerium von Guinea habe am Sonntagnachmittag erklärt, Aufständische seien von der Präsidentengarde und anderen Sicherheitskräften zurückgeschlagen worden. Ein Augenzeuge sagte der Deutschen Presse-Agentur, die Situation sei sehr angespannt. Vor allem in der Nähe des Präsidentenpalastes im Ortsteil Kaloum sei es zu Feuergefechten gekommen. Auf den Straßen Conakrys soll das Militär patroullieren. In einem weiteren am späten Abend veröffentlichten Video teilten in Militäruniform gekleidete Männer mit, dass ab 20 Uhr Ortszeit eine Ausgangssperre gelten solle. Die Minister der Regierung seien von den Putschisten für Montagvormittag 11 Uhr Ortszeit zum Rapport bestellt worden, hieß es in dem Video.
Freilassung von Präsidenten Condé gefordert
UN-Generalsekretär Guterres forderte am Sonntagabend auf Twitter die sofortige Freilassung des Präsidenten. Der britische Botschafter David McIlroy und der Außenbeauftragte der EU, Josep Borrell, äußerten sich ähnlich. Borrell appellierte an alle, um des Friedens willen und zum Wohle des guineischen Volkes nach rechtsstaatlichen Grundsätzen zu handeln. Auch die ehemalige Kolonialmacht Frankreich verurteilte den Versuch der gewaltsamen Machtübernahme und verlangte die Rückkehr zur verfassungsgemäßen Ordnung sowie die sofortige und bedingungslose Freilassung Condés. Medienberichten zufolge werden die Rebellen von Mamadi Doumbouya angeführt, dem Befehlshaber einer Spezialeinheit. Er nannte in einem weiteren unverifizierten Video unter anderem die Instrumentalisierung der Justiz, Plünderung von Staatseinnahmen und Korruption in Guinea als Gründe für die Absetzung Condes. In sozialen Medien kursierten Videos, in denen Bewohner Conakrys den patroullierenden Soldaten zujubeln und applaudieren.
Kritiker werfen Condé autoritären Führungsstil vor
Präsident Condé war 2010 bei den ersten freien demokratischen Wahlen seit Guineas Unabhängigkeit 1958 an die Macht gekommen. Ihm werden Reformen in der Wirtschaft und im Militär zugeschrieben, außerdem sorgte er nach politisch turbulenten Jahrzehnten für mehr Stabilität. Kritiker sehen Condé indes als zunehmend autoritären Herrscher, dessen Amtszeit von Menschenrechtsverletzungen geprägt gewesen sei. Vergangenes Jahr sicherte er sich nach einer umstrittenen Verfassungsänderung eine dritte Amtszeit. Der Abstimmung waren monatelange politische Spannungen und gewalttätige Proteste vorausgegangen.
An diesem Montag sollte in Conakry eigentlich ein Qualifikationsspiel für die Fußball-Weltmeisterschaft 2022 zwischen Guinea und Marokko stattfinden. Aufgrund der „sehr volatilen“ politischen Situation und Sicherheitslage sei das Spiel verschoben worden, teilte die FIFA am Sonntagabend mit.