Wenn am kommenden Sonntag Bundestagswahl wäre, dürfte die AfD feiern, zeigen die jüngsten Umfragen mehrerer Meinungsforschungsinstitute. Mit 18 Prozent der Stimmen würden sich die Rechtsextremen nämlich das beste Ergebnis ihrer Geschichte sichern und wären gleichauf mit der Kanzlerpartei SPD. Noch vor einem Jahr lag der Wert gerade mal bei 10 Prozent. Bei der Bundestagswahl 2021 erhielt die Partei 10,3 Prozent der Stimmen. Der enorme Zuwachs an Stimmen für die AfD sorgt für einen Schock unter den politischen Parteien. Dabei haben auch sie diesen Zuwachs zu verantworten – sowohl die Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP, die der Umfrage zufolge keine Mehrheit mehr erreicht, als auch CDU/CSU.
Politik der Ampel erhöht Zustimmung zur AfD
Das jüngste Beispiel ist dabei das in erster Linie vom Grünen-Wirtschaftsminister Robert Habeck geplante Heizungsgesetz. Schon ab 2024 soll jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. So soll zugunsten des Klimaschutzes relativ schnell Abschied von Öl- und Gasheizungen genommen werden. Hinzu kommt ein weiteres Heizgesetz von Habeck, womit er offenbar detaillierte Informationen zum Heizverhalten der deutschen Bürger sammeln will. Sollten sich Länder und Kommunen nicht daran halten, drohen Strafen in Millionenhöhe. Für die Bürger bringen die Klimapläne der Ampel eine enorme finanzielle Belastung mit sich. Denn nicht jeder kann sich den Austausch der Heizung leisten. Die Ampel hat bis heute nicht schlüssig erklärt, wie sich die Änderungen im Heizgesetz positiv auf das Leben der Bürger auswirken sollen. Die Regierung konnte keine glaubwürdige Verteidigung gegen die Vorwürfe an den Tag legen. Das Gleiche gilt beispielsweise für das Thema E-Auto, das zwar ein positives Vorhaben für die Umwelt sein soll, aber für die Bürger eine teure Alternative darstellt.
Corona-Pandemie und Ukraine-Krieg haben zu einem starken Anstieg der Preise geführt – sowohl im Supermarkt als auch bei der Energieversorgung. Die entstandene Inflation hat den Geldbeutel der Bürger stark unter Druck gesetzt und die deutsche Wirtschaft nun in eine Rezession getrieben. Gegen die missliche Lage der Wirtschaft konnte die Ampelkoalition außer Entlastungen, die nur einen Teil der Bevölkerung unterstützten und begrenzt Wirkung zeigten, keine wirkliche Lösung finden. Zudem kamen viele der Entlastungen erst nach langen internen Diskussionen in der Koalition und somit für viele Bürger zu spät. Das verunsichert die Wähler zusätzlich.
AfD kritisiert Russlandpolitik der Ampelkoalition und punktet damit
Die Bundesregierung befindet sich in einer sturen Politik mit Sanktionen gegen Moskau und starker militärischer Hilfe für die Ukraine. Diese einseitige Haltung bleibt nicht ohne Konsequenzen. Die Handhabung des Konflikts ist für die Ampelkoalition jedoch keine einfache Sache. Einerseits ist Deutschland integraler Bestandteil des westlichen Blocks und muss sich gewissermaßen für dessen Werte engagieren, um nicht an Bedeutung im Westen einzubüßen oder als schwaches Glied der Kette dargestellt zu werden. Andererseits brachte der Bruch mit Russland jedoch einen Anstieg der Energiepreise bzw. eine schwierige Energieversorgung und wirtschaftliche Engpässe mit sich. Die Ampelkoalition hat die Beeinträchtigungen durch die Pandemie und den Krieg wie die Inflation nicht allein zu verantworten – die Tatsache, dass keine überzeugenden Antworten geliefert wurden, allerdings schon. Nichtsdestotrotz haben diese Faktoren den Wähler Richtung AfD gedrängt, die für einen Pro-Russland-Kurs steht. So kann die AfD den Frust der Bürger, die die harte Russlandpolitik der Regierung als Gefahr für den eigenen Wohlstand empfinden, sehr einfach ausnutzen und Stimmen sammeln.
Für frustrierte Wähler ist die Union keine plausible Alternative zur Ampel
Nicht nur die Bundesregierung wird von frustrierten Wählern für den Aufstieg der AfD verantwortlich gemacht, auch der Union wird Mitschuld zugesprochen. Eigentlich sollten die Fehler und Versäumnisse der Ampelkoalition der Oppositionspartei CDU/CSU eine goldene Gelegenheit bieten, sich durchzusetzen. Doch dazu kommt es nicht. Abgesehen von den meisten Unionspolitikern, die die Schuld bei der Ampel sehen, gibt es auch Stimmen, die Selbstkritik fordern. CDU-Politiker Norbert Röttgen bezeichnete die Ergebnisse der Umfragen als „Desaster“. Seine Partei müsse sich fragen, „warum wir praktisch nicht profitieren von so einer großen Unzufriedenheit mit der Regierung“.
Bei Röttgens Ansatz handelt es sich um einen Schritt in die richtige Richtung, denn die Union muss sich damit auseinandersetzen und darf keineswegs von den Problemen weglaufen. Dass anstatt der Oppositionspartei CDU/CSU die AfD stärker wird, zeigt, dass die Union den frustrierten Wählern keine wirkliche Alternative bietet. Die Gründe hierfür sind zweierlei. Die Union versucht gewissermaßen ihre DNA zu finden und befindet sich in einem Richtungsstreit darüber, wie konservativ sie sein sollte. Spuren der grünen und linken Identitätspolitik sind auch in der Union angekommen. Viele Wähler sehen keine harte Oppositionspolitik gegen die Pläne der Ampel. Hinzu kommt, dass sich die Union oft eine Rhetorik der AfD aneignet. Nach Ansicht von Politikwissenschaftlern begünstigt das in den Augen der Wähler das Original, somit also die AfD.
Zustimmung zur AfD wächst: Sie profitiert von Fehlern der restlichen Parteien
Dass die AfD dermaßen stark punktet, ist nicht nur darauf zurückzuführen, dass die rechtsradikale Partei selbst gute Politik betreibt, sondern auch darauf, dass die restlichen Parteien Fehler machen. Immerhin gaben zwei Drittel der AfD-Anhänger in einer Umfrage an, sie würden die AfD wählen, weil sie enttäuscht von den anderen Parteien seien. Die realitätsferne Politik der Ampel, die immer wieder von wochenlangen Debatten, internen Wortgefechten und ständigen Änderungen begleitet wird, verunsichert die Wähler über ihre eigene Zukunft. Der Union gelingt es nicht, diese Wähler anzusprechen und ihnen eine alternative Perspektive zu bieten. Die Versäumnisse der restlichen Parteien sind Grund für die Zustimmung zur AfD, die Protestwähler anzieht. Insofern müssen sowohl die Ampel als auch die Union daran arbeiten, dass die rechtsradikale Partei in zwei Jahren nicht zweitstärkste Kraft im Bundestag wird.