Ist Islamfeindlichkeit in Deutschland weit verbreitet?
Deutschland ist die Heimat seiner muslimischen Bürger. Trotz Angriffe und Diskriminierungen ändert sich nichts daran, dass der Islam ein Teil dieses Landes ist. Es liegt an der Politik, eine klare Haltung gegen Hass und Rassismus einzunehmen.
Moschee-Angriffe / Photo: TRTDeutsch (TRTDeutsch)

Die Architekt-Sinan-Moschee in Maulbronn (Baden-Württemberg) ist am 8. Juli Ziel einer islamfeindlichen Aktion geworden. Unbekannte warfen in der Nacht zum Sonntag einen brennenden Koran aus einem fahrenden PKW vor das Moschee-Gebäude. Die Überwachungskamera der Türkisch-Islamischen Union (DITIB) angehörigen Moschee zeichnete die Tat auf. Als die Gemeindemitglieder zum Morgengebet eintrafen, fanden sie das verbrannte und auf dem Boden liegende heilige Buch der Muslime vor. Der Vorfall wurde von der DITIB Antidiskriminierungsstelle bei der Polizei und der Stadtverwaltung Maulbronn gemeldet. Der stellvertretende Vorsitzende der Architekt-Sinan-Moschee, Osman Adıbelli, äußerte große Trauer und Besorgnis über den feigen Angriff und kündigte rechtliche Schritte an. Die Polizei soll bereits eine Untersuchung eingeleitet haben.

Die Moschee in Maulbronn war bereits in der Vergangenheit Ziel von Islamfeinden. Schon im März 2014 wurden die Wände, Notausgänge, Fenster und Türen der muslimischen Gebetsstätte mit Hakenkreuzen beschmiert. Diese vorherige Attacke wurde auch von der Initiative „#brandeilig“ dokumentiert, einer Plattform, die Übergriffe auf Moscheen online erfasst.

124 muslimfeindliche Angriffe im ersten Quartal 2023

Im ersten Quartal dieses Jahres wurden bereits 124 muslimfeindliche Angriffe von staatlichen Stellen registriert. Diese Informationen stammen aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag. Gemäß dieser Antwort hat das Bundeskriminalamt (BKA) bis zum 3. Mai 2023 insgesamt 124 Delikte unter dem Thema „Islamfeindlich“ verzeichnet. Davon waren zwei Straftaten gegen Religionsstätten bzw. Moscheen aus islamfeindlicher Motivation begangen worden.

Weiterhin geht aus der Antwort der Bundesregierung hervor, dass im ersten Quartal 2023 noch kein Tatverdächtiger wegen politisch motivierter Straftaten mit dem Unterthema „Islamfeindlich“ festgenommen wurde. Die registrierten Delikte umfassen neben Volksverhetzung, Beleidigung und Körperverletzung auch Sachbeschädigung und das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.

Es ist zudem aus der Antwort ersichtlich, dass sowohl die Ermittlungsbehörden als auch die Bundesregierung davon ausgehen, dass die anti-muslimischen Straftaten im Jahr 2023 hauptsächlich von Rechtsextremen verübt wurden.

Islamfeindliche Täter: Nicht nur Rechtsextremisten

Es ist wichtig zu betonen, dass Moscheeübergriffe und islamfeindliche Angriffe nicht ausschließlich von rechten Tätern verübt werden. Immer öfter sind auch Linksextreme und Anhänger der Terrororganisation PKK an solchen Anschlägen auf Moscheen und Gemeindezentren beteiligt. Einige von ihnen prahlen sogar mit ihren Taten auf einschlägigen Internetseiten, wo sie ihre Bekennerschreiben hinterlassen.

Im vergangenen Jahr verzeichnete Deutschland 569 Angriffe auf Muslime und Moscheen. Die Täter waren größtenteils dem rechtsradikalen Umfeld zuzuordnen. Die Straftaten umfassten laut Behördenangaben Hetze im Internet, Drohbriefe, persönliche Angriffe sowie Sachbeschädigungen und Schmierereien. Insgesamt sollen 25 Menschen leicht verletzt, und nur ein Tatverdächtiger festgenommen worden sein.

Davon richteten sich 62 der Straftaten gegen Moscheen, was im Vergleich zu 2021 einem Anstieg von 15 Prozent entspricht, als 54 Moscheeangriffe registriert wurden. Hierbei handelte es sich hauptsächlich um Sachbeschädigungen und Propagandadelikte, für die überwiegend Rechtsextremisten verantwortlich gemacht wurden. Diese Informationen gehen aus dem Bericht „Politisch motivierte Kriminalität im Jahr 2022“ des Bundeskriminalamts (BKA) hervor.

Alarmierende Verbreitung von antimuslimischem Rassismus in Deutschland

Aktuelle Studien zeigen, wie weit antimuslimischer Rassismus bereits in der Mitte der deutschen Gesellschaft verbreitet ist. Eine kürzlich veröffentlichte Studie des neunköpfigen Unabhängigen Expertenkreis Muslimfeindlichkeit (UEM) mit dem Titel „Muslimfeindlichkeit - Eine deutsche Bilanz“ enthält einen 400-seitigen Bericht, der feststellt, dass jeder zweite Deutsche muslimfeindlichen Aussagen zustimmt. Die Studie zeigt auch, dass muslimfeindliche Haltungen in weiten Teilen der deutschen Bevölkerung auf einem „beständig hohen Niveau“ verankert sind. Muslime werden als „eine der am meisten unter Druck stehenden Minderheiten im Land“ betrachtet - insbesondere Personen, die als islamische Gläubige wahrgenommen werden, wie Frauen mit Kopftüchern, die „drastischen Formen der Anfeindungen“ ausgesetzt sind. Diese Art von Menschenfeindlichkeit ist auch in Medien, Politik und Behörden verbreitet und anzutreffen.

Wachsende Angst vor Religion in Deutschland

Das Problem des anti-muslimischen Rassismus umfasst nicht nur Feindseligkeit, sondern auch eine zunehmende Angst und Phobie gegenüber Religionen, insbesondere dem Islam in Deutschland. Eine aktuelle Studie der Bertelsmann-Stiftung unterstützt diese Erkenntnis. Laut der Studie „Zusammenleben in religiöser Vielfalt“, basierend auf Daten des „Religionsmonitors 2023“, sehen 34 Prozent der Befragten die Vielfalt der Glaubensrichtungen als „Bedrohung“. Die Offenheit gegenüber anderen Religionen hat im Vergleichszeitraum abgenommen. Während 2013 noch 89 Prozent der Befragten angaben, man solle „gegenüber allen Religionen offen sein“, sank dieser Wert 2023 auf 80 Prozent. In diesem Kontext ist die Verwendung des Begriffs „Islamophobie“ in Bezug auf die zunehmende Feindseligkeit gegenüber Muslimen in Deutschland angemessen.

Diskriminierungsmeldungen auf Rekordniveau

Zudem wurde erst kürzlich bekannt, dass sich im vergangenen Jahr so viele Menschen wie nie zuvor bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) mit einem Diskriminierungsfall gemeldet haben. Dies geht aus dem Jahresbericht der Unabhängigen Bundesbeauftragten für Antidiskriminierung hervor, der erst Ende Juni vorgestellt wurde. Im Jahr 2022 gab es demnach gut 8.827 Anfragen. Im Vergleich zum Jahr 2021 ist dies ein Anstieg um 14 Prozent, und im Vergleich zu 2019 sogar eine Verdopplung. Jeder 20. gab als Diskriminierungsgrund seine Religion an.

Wertschätzung und Akzeptanz als Antwort auf aktuelle Herausforderungen

In Zeiten aktueller Herausforderungen wie der Post-Corona-Ära, EU-Skepsis, dem Krieg in der Ukraine, der Energiekrise, der galoppierenden Inflation, dem Wohlstandsverlust und der Armut sowie den Debatten um Geflüchtete und die Migrationspolitik, entstehen Spaltungspotenziale in unserer Gesellschaft. Daher ist es von großer Bedeutung, gegenseitige Wertschätzung und Akzeptanz zu fördern, um ein vereinendes Miteinander zu ermöglichen. Gesamtgesellschaftliche Antworten sind erforderlich, um Stigmatisierung, Ausgrenzung, Polarisierung und Populismus entgegenzuwirken.

Es ist zudem wichtig, kritisch zu hinterfragen, ob politische Entscheidungsträger für die Zunahme der Muslimfeindlichkeit mitverantwortlich sind. Die desolate Regierungsführung der Ampel-Koalition bietet rechtsextremen Parteien wie der AfD eine Plattform. Mangelnde strategische Grundlagen, insbesondere in der Außenpolitik, führen dazu, dass Bürger vermehrt politisch nach rechts tendieren. Besorgniserregend ist die schleichende Legitimierung der AfD, wie die jüngsten Aussagen von CDU-Chef Friedrich Merz zeigen. Die Politik muss rasch eine Strategie entwickeln, um dieser gefährlichen Entwicklung entgegenzuwirken. Denn andernfalls geraten nicht nur Muslime, sondern der gesamte Rechtsstaat in Gefahr.

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