Die Position von Friedrich Merz, dem Vorsitzenden der CDU, in Bezug auf die rechtspopulistische Alternative für Deutschland (AfD) hat sich im Laufe der Zeit gezeigt. Bereits 2019 sprach er sich für einen „unaufgeregten“ Umgang mit der AfD aus. Merz äußerte die Ansicht, dass er sogar bereit wäre, einen AfD-Kandidaten zum Vizepräsidenten des Deutschen Bundestags zu wählen. Er betonte, dass nur ein normaler Umgang mit der AfD ihre Schwächung ermöglichen würde.
Es wird deutlich, dass Merz nicht nur aus taktischen Gründen diese Position vertritt, sondern auch inhaltliche Positionen der AfD übernimmt. Dies zeigt sich sowohl in seinen früheren Aussagen als auch in seinen jüngsten Äußerungen während einer Bierzeltrede im bayerischen Gilamoos.
Rechtspopulismus in Deutschland im Vergleich zu Österreich
Der Vergleich mit Entwicklungen in Österreich, insbesondere dem Aufstieg von Sebastian Kurz, der rechtspopulistische Positionen übernahm, bevor er politisch scheiterte, veranschaulicht die Gefahren einer solchen Annäherung an rechtspopulistische Ideen.
Deutschland, eines der politisch und wirtschaftlich bedeutendsten Länder in der europäischen Nachkriegszeit, hatte lange Zeit erfolgreich die Strategie der wehrhaften Demokratie angewendet, um rechtsextremen Parteien den Boden zu entziehen. Dies gelang unter anderem durch die Unionsparteien, die darauf bedacht waren, rechts von der Christdemokratie keinen Raum für solche Parteien zu lassen. Doch mit dem Aufstieg und der Radikalisierung der AfD hat sich auch die CDU und CSU in eine radikalere Richtung bewegt.
Merz: „Nicht Berlin, nicht Kreuzberg, Gillamoos ist Deutschland“
Friedrich Merz' Aussage „Nicht Berlin, nicht Kreuzberg, Gillamoos ist Deutschland“ spiegelt rassistische und spaltende Ansichten wider, die in rechtspopulistischen Kreisen aufgegriffen wurden. Ähnliche Rhetorik wurde bereits von der FPÖ in Österreich verwendet, um gegen vermeintliche Multikulturalität und Einwanderung zu mobilisieren. In den 1990er Jahren plakatierte die FPÖ unter Jörg Haider mit dem Slogan: „Wien darf nicht Chicago werden“ Dieser Slogan richtete sich gegen die vermeintliche Multikulturalität und Kriminalität von Menschen aus Afrika. Etwa zehn Jahre später, unter Heinz-Christian Strache, lautete der Slogan: „Wien darf nicht Istanbul werden. “ Damit sollte gegen das vermeintliche Schreckgespenst der ‚Islamisierung‘' mobilisiert werden.
Diese rhetorischen Mittel, bei denen eine vermeintlich angestammte Bevölkerung gegen neu zugezogene Bevölkerungsgruppen aufgewiegelt wird, sind in der Geschichte so alt wie der politische Antisemitismus. Ein Beispiel dafür ist Karl Lueger, den Adolf Hitler als Lehrmeister im politischen Antisemitismus ansah. Lueger hatte bereits behauptet: „Groß-Wien darf nicht Groß-Jerusalem werden.“ Friedrich Merz drückte eine ähnliche Idee etwas positiver aus, indem er sagte, Deutschland solle Gillamoos werden. Dies spiegelt jedoch die gleiche Vorstellung einer homogenen Gesellschaft wider und lehnt die Vielfalt ab.
Diese Art von Politik, sei es Rechtspopulismus oder radikaler Konservativismus, spielt mit der Vorstellung einer idealisierten Vergangenheit und ignoriert die Realität. Friedrich Merz strebt keine Gesellschaft an, die Berlin so akzeptiert, wie es heute ist, ähnlich wie die FPÖ nicht zufrieden ist mit dem heutigen Wien. Merz setzt sich für die Homogenisierung einer Gesellschaft ein, die jedoch nicht homogen ist und niemals wieder homogen sein kann, es sei denn, sie greift zu totalitären Mitteln. Wenn Merz argumentiert, dass es eine Partei braucht, „die sich als christlich, demokratisch, sozial versteht und das für eine moderne Gesellschaft auszubuchstabieren weiß", wirft dies die Frage auf, was genau er unter Demokratie versteht. Ist es der Wille einer vermeintlichen Mehrheit gegenüber verschiedenen Minderheiten? Strebt er die Durchsetzung einer illiberalen Demokratie an?
Das Beispiel von Sebastian Kurz zeigt, wohin eine christdemokratische Volkspartei führen kann, wenn sie rechtsextreme Positionen übernimmt. Kurzfristiger Wahlerfolg kann langfristig zu einer Katastrophe führen, die demokratische Gesellschaften von innen aushöhlt. Diese Art von Politik ebnet den Weg zur autoritären und illiberalen Demokratie, in der Trump, Orbán und Netanyahu enge Verbündete sind. Sie stellt die rechtspopulistischen Parteien nicht als Ausnahme, sondern als neue Normalität dar.