USA verschärfen Exportregeln für KI-Chips / Photo: DPA (dpa)
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Beim Export von Hochleistungschips für Künstliche Intelligenz (KI) und damit zusammenhängender Technologien ziehen die USA die Daumenschrauben noch einmal an. Das Handelsministerium veröffentlichte am Montag neue Einschränkungen, die für die meisten Staaten der Welt gelten. Nachfolgend Erklärungen dazu:

WELCHE CHIPS SIND VON DEN BESCHRÄNKUNGEN BETROFFEN?

Das Embargo bezieht sich auf bestimmte Grafikkartenchips (Graphics Processor Units, GPU). Diese sind darauf ausgelegt, zahlreiche Aufgaben parallel zu erledigen und waren ursprünglich dafür entwickelt worden, Figuren und Hintergründe in Computerspielen möglichst detailgenau darzustellen. Da für KI-Anwendungen aber Unmengen von Daten analysiert werden müssen, werden GPUs bevorzugt zum Training und Betrieb dieser Software genutzt.

In KI-Rechenzentren werden meist Tausende dieser Prozessoren zusammengeschaltet. Für das Training des Chatbots ChatGPT, der den KI-Boom vor gut zwei Jahren ausgelöst hatte, nutzte der Entwickler OpenAI die Rechenpower von mehreren Zehntausend solcher Chips. Der Bedarf hängt davon ab, wie fortgeschritten ein Prozessor ist, wie groß die Datengrundlage ist und wie viel Zeit ein Entwickler für das Training aufwenden will.

WIE GENAU SEHEN DIE EINSCHRÄNKUNGEN AUS?

Um den Unterschieden verschiedener Prozessor-Typen Rechnung zu tragen, konzentrieren sich die USA bei ihren Beschränkungen auf die Gesamt-Rechenleistung (Total Processing Performance) der exportierten Chips. So dürften in Staaten, die mit Exportquoten belegt werden, bis 2027 maximal 790 Millionen TPP geliefert werden.

Dem KI-Experten Divyansh Kaushik von der Beratungsfirma Beacon zufolge entspricht dies knapp 50.000 Nvidia-Chips der Modellreihe „H100“, einer auf Basis früherer Vorschriften für den chinesischen Markt zugeschnittenen, abgespeckten Variante. „Das ist eine enorme Rechenpower“, betont Kaushik. „Damit können Spitzenforschung, KI-Firmen oder die anspruchsvollsten KI-Anwendungen der Welt betrieben werden.“ Hierzu zählen Chatbots für den Kundendienst, Betrugsüberwachung im Zahlungsverkehr oder Empfehlungsalgorithmen von Weltkonzernen wie dem Online-Händler Amazon oder dem Streamingdienst Netflix.

GIBT ES AUSNAHMEN?

Große Cloud-Anbieter wie Microsoft, Google oder Amazon Web Services (AWS) können unabhängig vom jeweiligen Landeslimit Ausnahme-Genehmigungen erhalten. Sie müssen dafür die Bedingungen für eine Einstufung als „Universal Verified End User“ erfüllen. Dieser Status steht auch Firmen offen, die ihren Hauptsitz nicht in einem von den USA als bedenklich eingestuften Land haben. Die „Universal Verified End User“ könnten in den kommenden beiden Jahren maximal etwa 320.000 moderne GPUs erhalten.

Die Ausfuhrquoten für Länder seien dazu gedacht, Unternehmen dazu zu ermuntern, sich um den Status als „Universal Verified End User“ zu bemühen, erläutert Kaushik. Dadurch könnten die USA leichter kontrollieren, wer die Chips nutze. Gleichzeitig erschwere es den Schmuggel in Staaten wie China.

GIBT ES WEITERE AUSNAHMEN?

Bestellt ein Käufer nur eine relativ geringe Anzahl von KI-Chips, deren Rechenpower etwa 1700 „H100“-Prozessoren entspricht, wird dies nicht auf die Länderquote angerechnet. Die Lieferung muss lediglich gemeldet, aber nicht von den Behörden genehmigt werden. Den USA zufolge profitierten vor allem Forschungseinrichtungen von dieser Ausnahme, da sie meist kleinere Mengen orderten. Der Export von GPUs für Grafikkarten von Computern oder Videospiele-Konsolen wird nicht beschränkt.

WELCHE STAATEN SIND VON DEN BESCHRÄNKUNGEN AUSGENOMMEN?

Einige enge Verbündete der USA sind von sämtlichen Einschränkungen ausgenommen. Die 18 Staaten sind Deutschland, Frankreich, Belgien, die Niederlande, Irland, Großbritannien, Dänemark, Finnland, Italien, Spanien, Norwegen, Schweden, Kanada, Japan, Südkorea, Australien, Neuseeland und Taiwan.

WELCHE ROLLE SPIELEN „MODELL-GEWICHTUNGEN“?

Ein weiterer Punkt, auf den die USA bei ihren Export-Kontrollen abzielen, sind die „Modell-Gewichtungen“ (Model Weights). KI-Programme nutzen für ihre Antworten auf Anfragen Unmengen von Daten. Dabei bietet die Software zunächst mehrere Optionen an, aus denen sich ein spezieller Algorithmus die wahrscheinlich beste herauspickt und an den Nutzer weiterleitet. Hierfür werden die unterschiedlichen Antworten anhand bestimmter Parameter gewichtet. Die neuen Kontrollen beziehen sich auf hochmoderne „geschlossene“, also nicht öffentlich einsehbare, Modell-Gewichtungen. Damit solle sichergestellt werden, dass leistungsstarke KI nur in sicheren und vertrauenswürdigen Umgebungen auf den Markt gebracht wird, sagt Experte Kaushik.

Reuters