Der chinesische Laptop- und Smartphone-Hersteller Lenovo hat in Deutschland seit Mittwoch den Verkauf aller Produkte, die Videos mit dem sogenannten Codec H.264 verarbeiten, eingestellt. Grund dafür ist eine einstweilige Verfügung, die das finnische Unternehmen Nokia durchgesetzt hat. Nokia wirft Lenovo vor, unlizenziert die patentierte Videokompressionstechnologie H.264 zu verwenden. Das Landgericht München bewertete die Forderungen der Finnen als legitim und sprach dem Unternehmen am 30. September die Verfügung zu.
Sämtliche Produkte mit internen oder dedizierten Grafikkarten sind davon betroffen, weshalb Lenovo aktuell nur Zubehör und Monitore sowie Smartphones unter der Marke Moto und Razr verkaufen kann. Laptops und Tablets hingegen können im Moment nicht über die deutsche Lenovo-Webseite bestellt werden. Interessierten Kunden wird lediglich ein Hinweis angezeigt, dass Lenovo „bis auf Weiteres nur ein eingeschränktes Produktportfolio anbieten“ kann.
„Rechtliche Schritte sind nie unsere bevorzugte Option, aber Lenovo war nicht bereit, in Gespräche einzutreten, trotz eines klaren Urteils, das die unbefugte Nutzung von Nokias patentierter Technologie bestätigt“, hieß es in einer Erklärung von Nokia an die Nachrichtenagentur Bloomberg. „Unsere Tür steht für Lenovo offen, um die Angelegenheit durch Verhandlungen in gutem Glauben zu lösen“.
Lenovo hat bereits Berufung eingelegt und entgegnet, Nokia habe sich geweigert, sein geistiges Eigentum zu fairen Bedingungen – dem sogenannten FRAND-Grundsatz entsprechend – entweder an Lenovo oder an seine Lieferanten zu lizenzieren.
„Wir glauben, dass die Verfügbarkeit standardisierter Technologien zu FRAND-Bedingungen entscheidend für die Zukunft der globalen Technologieindustrie und die Verbreitung erschwinglicher Innovationen für Kunden auf der ganzen Welt ist“, sagte Lenovo gegenüber Bloomberg. Die Lizenzierungspraktiken von Nokia bedrohten diesen Zugang.
Nokia und Lenovo streiten sich in Gerichten in Deutschland, den USA, Brasilien und Indien. Aktuell untersucht auch die „U.S. International Trade Commission“ eine Beschwerde von Nokia, die darauf abzielt, die Einfuhr von Laptops, Tablet-PCs und Desktop-Computern des chinesischen Unternehmens zu blockieren.
Die Klage ist Teil von Nokias Strategie, Lizenzgebühren von den Herstellern von Einzelhandelsprodukten zu erheben – und nicht etwa von den Herstellern einzelner Komponente. Auch die Automobilindustrie ist hiervon betroffen. Aktuell steckt die Daimler AG steckt in einem Patentstreit mit Nokia. Mit einem Urteil wird zum 30. Oktober gerechnet.