Mit einer beispiellosen Drosselung der Ölproduktion stemmen sich wichtige Förderländer gegen einen weiteren Preisverfall beim Rohöl. Im Mai und Juni werden die Mitglieder des Ölkartells Opec und ihre Partner täglich zusammen 9,7 Millionen Barrel (je 159 Liter) weniger fördern, teilte die Opec am Montag mit. Auch danach werden bis zum 30. April 2022 die Förderlimits an die wegen der Corona-Krise eingebrochene Nachfrage angepasst. Ölmarkt-Analysten gehen davon aus, dass die Ölnachfrage im zweiten Quartal um 15 Millionen Barrel am Tag sinken wird.
Am Markt reagierten die Ölpreise mit heftigen Ausschlägen und pendelten sich dann auf einem Niveau ein, das sie vor der Einigung hatten. Das Rohöl der Sorte Brent kostete am Montagvormittag 31,17 US-Dollar pro Barrel. In der Spitze war der Preis nach dem Abkommen bis auf 33,24 Dollar gestiegen. Auch der Preis für ein Barrel der amerikanischen Sorte WTI fiel wieder zurück - nach einem Anstieg auf 24,49 Dollar sank er auf 22,81 US-Dollar.
Die Einigung der Ölförderstaaten war im Grundsatz bereits am Freitag erzielt worden. Sie stand aber durch den Widerstand Mexikos bis zuletzt auf wackeligen Füßen. Bei einer Opec+-Sondersitzung per Videoschalte gingen die Partner dann aber auf den dringenden Wunsch Mexikos ein, nur 100.000 Barrel Förderkürzung statt der geforderten 400.000 Barrel beizutragen. US-Präsident Donald Trump hatte bereits angekündigt, die USA seien bereit, ihre Ölproduktion in Abstimmung mit Mexiko entsprechend zu kürzen. Die gesamte Produktionskürzung entspricht rund zehn Prozent der täglichen Ölförderung weltweit.
Insgesamt wurden damit die neuen Limits wegen der Haltung Mexikos nun im Vergleich zu den Zielen vom Freitag leicht korrigiert. So wollen die Opec und ihre Partner die Produktion von Juli bis Dezember um täglich 7,7 Millionen Barrel Öl senken. Vorgesehen waren zunächst acht Millionen Barrel. Zwischen Januar 2021 und April 2022 soll die tägliche Produktionskürzung 5,8 Millionen Barrel statt geplanter sechs Millionen Barrel umfassen.
Als Ausgangsniveau wurde jeweils die Produktionsmenge im Oktober 2018 festgelegt, für Saudi-Arabien und Russland gilt ein eigenes Ausgangsniveau von 11 Millionen Barrel pro Tag. Beide Länder werden die Hauptlast der Kürzung tragen. „Diese Produktionsanpassungen sind historisch. Sie sind die bisher umfangreichsten und längsten, da sie auf zwei Jahre angelegt sind“, sagte Opec-Generalsekretär Mohammed Barkindo.
Die Corona-Krise mit dem folgenden Einbruch der Nachfrage nach Öl hatte den Ölpreis abstürzen lassen. Einzelne Teilnehmer der Sitzung äußerten die Hoffnung, dass sich die Ölpreise kurzfristig um 15 Dollar je Fass erholen. In diesem Fall könnte auch der Benzinpreis an den Tankstellen wieder steigen. Ein stabiler Ölpreis gilt auch als wichtig für die Sicherheit der Ölversorgung, die mit immensen Investitionen verbunden ist.
Russlands Präsident Wladimir Putin telefonierte mit seinem US-Kollegen Donald Trump, wie der Kreml mitteilte. Russland, die USA und Saudi-Arabien unterstützen demnach die Einigung. Mit der Drosselung könnten „die globalen Märkte stabilisiert und die Nachhaltigkeit der Weltwirtschaft insgesamt gewährleistet“ werden. Die Gespräche darüber sollten fortgesetzt werden, hieß es. Putin sprach auch mit Saudi-Arabiens König Salman.
Trump schrieb auf Twitter ebenfalls, er habe sowohl mit Putin als auch mit König Salman telefoniert. Er danke und gratuliere den beiden. Es handele sich um einen „großartigen Deal für alle“. Die Einigung werde auch Hunderttausende Jobs in der Energiebranche der USA sichern.
„Der Kompromiss heute sendet die Botschaft an die Welt, dass die produzierenden Länder zusammengekommen sind, um ein Abkommen für zwei Jahre festzuschreiben“, sagte Russlands Energieminister Alexander Nowak der Staatsagentur Tass zufolge. „Es ist langfristig und unterstreicht, dass es uns allen ernst ist, den Markt zu stabilisieren.“ Wann sich die weltweite Nachfrage nach Öl wieder erhole, hänge davon ab, wann sich die Weltwirtschaft nach der Corona-Pandemie wieder erhole, meinte er. „Es braucht Zeit, um das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage wiederherzustellen.“
Eines der Hauptanliegen des mexikanischen Präsidenten Andrés Manuel López Obrador ist es, den hoch verschuldeten staatlichen Mineralölkonzern Petroleos Mexicanos (Pemex) wieder flott zu machen, dessen Produktion zu steigern und so die Abhängigkeit beim Kauf von Benzin und anderen Derivaten zu reduzieren. Mexiko importiert fast 70 Prozent des Benzins, das es verbraucht.
Eine stärkere Reduzierung der Ölproduktion hätte der Politik des mexikanischen Präsidenten widersprochen. So regte er den Deal mit den Vereinigten Staaten an, die Barrel zu übernehmen, die Mexiko nicht kürzen wird.
dpa
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