Die deutsche Industrie steckt auch im August tief im Konjunkturloch. Die Produktion sank so stark wie seit Mai 2020 nicht mehr und damit so kräftig wie zuletzt während der ersten Lockdowns in der Corona-Krise, wie am Freitag aus einer Umfrage unter rund 400 Betrieben hervorging.
Die Auftragsbestände schrumpften immer noch schnell, ebenso wie die Exportbestellungen - wenn auch nicht mehr ganz so massiv wie zuletzt. Der HCOB-Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe stieg zwar minimal um 0,3 auf 39,1 Punkte, wie der Finanzdienstleister S&P Global zu endgültigen Zahlen mitteilte. Dennoch bleibt das an den Finanzmärkten viel beachtete Barometer immer noch weit von der Wachstumsschwelle von 50 Zählern entfernt und signalisiert damit eine Rezession.
Ökonom: Deutschland bleibt ein negativer Ausreißer
Die Unternehmen zögerten weiter, in größerem Umfang Arbeitsplätze abzubauen, sagte Chefvolkswirt Cyrus de la Rubia von der Hamburg Commercial Bank (HCOB), die die Umfrage sponsert. „Es sieht so aus, als ob die Industrie langsam die Talsohle erreicht, auch wenn dieser Prozess noch eine Weile dauern wird.“ Die Produktion im Sommer dürfte um fast ein Prozent schrumpfen. „Dennoch sind wir zuversichtlich, dass der Abbau von Lagerbeständen im vierten Quartal zu Ende gehen wird, und das sollte ein gutes Omen für 2024 sein.“
Das Barometer für die Industrie in der Euro-Zone stieg leicht von 42,7 Punkte auf 43,5 Zähler im August. „Diese Zahlen sind gar nicht so katastrophal, wie der erste Blick suggeriert“, erklärte Ökonom De la Rubia. Der Abwärtstrend der vergangenen Monate verliere allmählich an Kraft. Deutschland bleibe allerdings ein negativer Ausreißer unter den großen Euro-Ländern. „Das wird die Diskussion anheizen, ob Deutschland der kranke Mann Europas ist, auch wenn das Land weiterhin zu den am stärksten diversifizierten Volkswirtschaften der Welt gehört.“
Deutsche Wirtschaft weiterhin zwischen Stagnation und Rezession
Die Exportnation Deutschland leidet zudem unter der schwachen Nachfrage aus dem Ausland. Im Vergleich zum Vorquartal wurden 1,1 Prozent weniger Waren und Dienstleistungen ausgeführt. Die Importe stagnierten. „Solange das weltwirtschaftliche Umfeld schwach und die Inflationsraten relativ hoch bleiben, wird die deutsche Wirtschaft in der Bredouille bleiben“, sagte Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank. Die Stimmung in den deutschen Chefetagen hat sich weiter eingetrübt. Der Ifo-Geschäftsklimaindex sank im August zum vierten Mal in Folge. „Die Durststrecke der deutschen Wirtschaft verlängert sich“, konstatierte das Münchner Institut.
Auch DIHK-Präsident Peter Adrian kommentierte die Lage der deutschen Wirtschaft wie folgt: „Unser Land ist nicht mehr Wachstumslokomotive, sondern Bremsklotz - und das als größte Volkswirtschaft Europas.“