Archivbild: Ein Bauarbeiter gibt am 25. November 2019 im Berliner Flughafen BER in Schönefeld Anweisungen. (AFP)
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Der Berliner Flughafen Tegel könnte in Kürze vom Netz gehen. Berlin, Brandenburg und der Bund wollen am Mittwoch darüber beraten, wie das Bundesverkehrsministerium am Freitag mitteilte. Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup mahnte, angesichts der Kosten keine Zeit mehr zu verlieren: Berlin zähle täglich weniger als 2000 Fluggäste. „Insofern ist jetzt der Zeitpunkt, Geld zu sparen.“ Zwei Dinge fehlen aber noch, um Tegel zu schließen: die Genehmigung der Luftfahrtbehörde. Und Möbel.
Denn um Tegel aufzugeben, müssten auch die Regierungsflieger zum BER umziehen. Dort wird das künftige Regierungsterminal aber noch eingerichtet, wie Lütke Daldrup erläuterte. „Der Bund hat sich in den letzten Wochen nach meiner Wahrnehmung sehr angestrengt, den Fertigstellungsprozess zu beschleunigen.“
Nach Informationen der Zeitung „B.Z.“ kann es aber noch bis Mitte Juli dauern, bis das neue Regierungsterminal betriebsbereit ist. Und der Bund werde nicht zustimmen, Tegel vorher vom Netz zu nehmen. Dazu wollte sich das Verkehrsministerium am Freitag nicht äußern.
Die Passagierterminals am BER sollen im Oktober in Betrieb gehen, danach muss Tegel ohnehin schließen. Lütke Daldrup wollte den Abschied eigentlich auf Anfang Mai vorziehen, nun stimmt er die Fluggesellschaften auf Juni ein. „Wir haben mit unseren Kunden den Termin 2. Juni kommuniziert.“ Notwendig ist dafür auch, dass die Luftfahrtbehörde die Betriebspflicht aufhebt. Der Antrag wurde vor gut zwei Wochen eingereicht.
Die Flughafengesellschaft hat auch ohne Corona-Krise große Geldprobleme. Trotz Passagierrekords hat sie auch im vergangenen Jahr wieder Verlust gemacht. Das Minus lag bei knapp 96 Millionen Euro und fiel damit rund 19 Millionen Euro höher aus als im Vorjahr.
Das laufende Geschäft mit den Flughäfen Tegel und Schönefeld warf zwar wieder Gewinn ab; das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen liegt nach Unternehmensangaben bei 108,4 Millionen Euro, sagte Lütke Daldrup nach einer Aufsichtsratssitzung. Zu den roten Zahlen unterm Strich hätten die Baustelle des neuen Hauptstadtflughafens BER und Altschulden geführt.
Neun Jahre Verspätung
Der Flughafen soll nach zahlreichen Baumängeln und Planungsfehlern am 31. Oktober mit neun Jahren Verspätung in Betrieb gehen. „Die Bauleute konnten heute berichten: Wir haben fertig“, sagte Lütke Daldrup. Inzwischen läuft der Probebetrieb.
Berlins Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) hatte am Donnerstag darüber spekuliert, den BER schon vier Wochen früher an den Start zu bringen. Lütke Daldrup reagierte zurückhaltend. Für eine solche Aussage sei es zu früh. Es sei immer gut, Puffer zu haben.
Die Flughafengesellschaft gehört den Ländern Berlin, Brandenburg und dem Bund. Sie sei trotz des Defizits nicht insolvenzgefährdet, widersprach Lütke Daldrup einer aktuellen Studie von Betriebswirten. Diese „Milchmädchenrechnung“ gehe von falschen Annahmen aus.
Fest steht jedoch, dass der Staatsbetrieb allein in diesem Jahr wegen der Corona-Krise eine Finanzspritze von bis zu 300 Millionen Euro braucht - etwa zwei Drittel des üblichen Jahresumsatzes. Schon vor Corona war klar, dass das Unternehmen von 2021 bis 2024 eine Finanzlücke von knapp 800 Millionen Euro hat – „im Wesentlichen Nachlaufkosten für den BER“, wie der Geschäftsführer sagte.

Gewinnzone ab 2025
Lütke Daldrup versicherte aber, dass sich nach der BER-Eröffnung die Einnahmesituation komplett ändern werde. Statt wie bisher 12 Euro werde man 18 Euro pro Passagiere verdienen, spätestens 2023 gebe es wieder so viele Fluggäste wie vor der Krise; das wären etwa 100.000 pro Tag. Ab 2025 mache die Flughafengesellschaft Gewinn und werde ihre Schulden bezahlen können, betonte Lükte Daldrup.
Dafür soll auch die künftige Finanzchefin Aletta von Massenbach sorgen. Sie kommt im September vom Frankfurter Flughafenbetreiber Fraport zum BER. Vorerst geht es für Sie darum, die Bilanz weiter zu schonen. Die Kurzarbeit für einen Großteil 2200 Beschäftigten im Unternehmen wurde bis Jahresende verlängert.

dpa